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2600 fl. kostete. Über die Bottwar ist am nordwestlichen Ende des Orts eine steinerne Brücke geführt; überdieß bestehen noch 5 hölzerne und eine steinerne Brücke über den Odenbach, den Otterbach, die Bottwar und den Sulzbach. Sie stehen sämtlich in der Unterhaltung der Gemeinde.

Die Fischerei in der Murr und in der Bottwar ist nicht von Bedeutung und beschränkt sich auf die gewöhnlichen Fischgattungen; Krebse liefert der Otterbach und die Murr. Das Fischrecht, welches dem Staat und der unteren Mühle gehört, ist verpachtet.

Im Ort setzt die Murr eine Mühle mit 3 Mahlgängen, einem Gerbgang, einem Koppgang und einer Hanfreibe, die Bottwar eine Sägmühle mit Hanfreibe, Öl- und Gipsmühle in Bewegung.

Die Einwohner haben im allgemeinen weder körperliche Vorzüge noch Gebrechen und der Gesundheitszustand ist befriedigend; die häufigsten Krankheiten sind Fieber, auch herrscht namentlich unter den Kindern eine größere Sterblichkeit als in den umliegenden Orten. Der Grund davon mag darin liegen, daß der Ort hauptsächlich dem Südwestwind zugänglich ist, sodann die häufigen Überschwemmungen, wobei das Wasser nicht nur in die Straßen und Häuser eindringt und mit Schlamm erfüllt, sondern auch im Murrthal große, schädlich ausdünstende Pfützen zurückläßt. Die Vermögensumstände gehören zu den mittelmäßigen; der vermöglichste Bürger (Eigenthümer des Klosterhofs) besitzt 105 Morgen, der sog. Mittelmann 10 Morgen und die unbemittelte Klasse 1/2 Morgen. Obgleich die Güterzerstückelung im allgemeinen ziemlich bedeutend ist, so sind doch einzelne Güterbesitzer im Ort, die Parzellen bis zu 30 Morgen haben. Der Staat besitzt auf der Markung 202 Morgen, die zum ehemaligen Klostergut gehörten und nun an Ortsbürger verpachtet sind. Die Hauptnahrungsquellen bestehen in Feldbau, Weinbau und Viehzucht; die Gewerbe sind verhältnißmäßig mehr vertreten als in den meisten Orten des Bezirks, namentlich ist die Zahl der Weber beträchtlich. Ein Seifensieder betreibt sein Geschäft schwunghaft mit namhaftem Verschluß nach Außen, auch arbeiten 4 Möbelschreiner mit beinahe ausschließlichem Absatz nach Außen. Außer den nöthigen Handwerkern sind noch 10 Wirthschaften und 10 Branntweinbrennereien vorhanden.

In St. ist nach der Mitte des 15. Jahrh. geboren Jakob Lemp, Professor der Theologie in Tübingen, als welcher er – einer der letzten Stützen der scholastischen Theologie und Philosophie – sich Ansehen erwarb, gest. den 2. April 1532.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0297.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)