Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

An weiteren Gebäuden, die ebenfalls der Gemeinde gehören, sind zu nennen: zwei Keltern, die eine mit 4 Bäumen und einer Schnellpresse, die andere mit einem Baum, ein Armenhaus, ein Ortsgefängniß, ein östlich vom Ort gelegenes Schafhaus und noch ein zweites Backhaus.

Gutes Trinkwasser liefern hinreichend 7 Pump- und 3 Schöpfbrunnen, überdieß sind im Bottwarthal mehrere reichhaltige Quellen vorhanden, von denen der sog. Teufelsbrunnen, welcher für unergründlich gehalten wird, der bedeutendste ist. Die Bottwar, die hier, wie schon oben gezeigt wurde, bedeutende Zuflüsse erhält, tritt zuweilen aus ihrem Bett ohne jedoch Schaden anzurichten. Die Fischerei in der Bottwar und ihren Seitenbächen beschränkt sich auf wenige Forellen und wird nach Belieben, ohne Entrichtung eines Pachtgeldes, von den Ortsbürgern ausgeübt. Von den zwei Seen, die nun in Wiesengrund umgewandelt sind, lag der eine am Ort in den sog. Seegärten, der andere im Hasenthal.

Die Einwohner sind im allgemeinen gesunde, ausdauernde, sehr fleißige Leute, bei denen sich, wie überhaupt bei den Bewohnern des Bottwarthales, im Charakter etwas stilles und in den körperlichen Bewegungen etwas schwerfälliges ausdrückt. Vorherrschende Krankheiten sind Nervenfieber und Ruhr; Kröpfe sind gerade nicht selten, wie sich auch Spuren von Kretinismus zuweilen bemerklich machen. Die Haupterwerbsquellen bestehen im Feldbau, Viehzucht und Weinbau. Von den Gewerben sind die gewöhnlichen alle vorhanden; besonders zahlreich vertreten sind die Maurer, Zimmerleute und Leineweber, welch letztere Tisch- und Bettzeug fabriciren und nach außen absetzen. Auch die ziemlich zahlreichen Schuhmacher setzen ihre Arbeiten theilweise auf Märkten ab und zwei Nagelschmiede treiben ihr Geschäft lebhaft und ausgedehnt; besondere Erwähnung verdienen die Bäckereien, welche ausgezeichnet gut betrieben werden, wie auch einige Schmiede und Wagner, die nach außen arbeiten. Überdieß sind zu nennen 2 Schildwirthschaften, 2 Kaufleute und eine südöstlich vom Ort gelegene, stark betriebene Ziegelhütte. Von den zwei, an der Bottwar gelegenen Mühlen hat die eine 2 Mahlgänge, einen Gerbgang, eine Hanfreibe und eine Ölmühle, die andere 2 Mahlgänge und einen Gerbgang. Die ökonomischen Verhältnisse der Einwohner sind im allgemeinen ziemlich gut und haben sich in neuerer Zeit durch die günstigen Weinjahre wesentlich gebessert; es sind einzelne wohlhabende Bürger, die neben ihrem Grundbesitz noch Kapitalien haben, vorhanden und überdieß findet man einen guten Mittelstand.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0260.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)