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Murr,
mit Mühle, Haus, und Schafhaus, Haus,
Gemeinde III. Kl. mit 911 Einw., wor. 2 Kath. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Ludwigsburg eingepfarrt.

Der sehr ansehnliche, große, regelmäßig angelegte, in die Länge gedehnte Ort hat 1/2 Stunde nördlich von der Oberamtsstadt eine freundliche, gesunde Lage. Durch den Ort führt der Länge nach die Marbach–Groß-Bottwarer Landstraße, an der sich die meist freundlichen, mit den Giebelseiten gegen die Straße gekehrten Wohnungen in mäßigen Entfernungen lagern und im Rücken derselben stehen die ansehnlichen, Wohlstand verrathenden Ökonomiegebäude.

Von der ebenen Hauptstraße führen einige sanft südöstlich geneigte Nebenstraßen bis zu der am Ort vorbei fließenden mit üppigen Bäumen und Sträuchern besaumten Murr, deren wiesenreiches Thal hier 1/8 Stunde breit ist. Die Gebäude sind meist wohl erhalten, häufig zweistockig und mit steinernen Unterstöcken versehen, so daß der mit Obstgärten umgebene Ort, welcher der schönste des Bezirks genannt werden darf, einen ganz günstigen Eindruck macht. Am östlichen Ende des Dorfs steht die Pfarrkirche mit ihrem viereckigen, monströsen, nicht hohen Thurme, der ein spitzes, mit Schiefer gedecktes Pyramidendach trägt, an dem ein Umgang angebracht ist. Die Schalllöcher bilden spitzbogige, gothisch gefüllte Fenster. Im untern Stockwerk des Thurmes befindet sich der mit einem Kreuzgewölbe überspannte Chor, welcher von hohem Alter zeugt. Das Langhaus ist stylwidrig verändert und enthält an der westlichen Giebelseite einen Eingang und ein Fenster im spätgothischen Styl, an der Nordseite einen spitzbogigen Eingang und zwei mit Maßwerk ornamentirte Fenster, die an die gute Zeit der Gothik erinnern; das übrige ist in späterer Zeit geschmacklos verändert.

Das Innere der Kirche hat nichts bemerkenswerthes; in der mit einem Netzgewölbe versehenen Sakristei ist ein sehr altes, wohl erhaltenes und gut in Holz ausgeführtes Christusbild aufbewahrt. Die auf dem Thurme hängenden zwei Glocken, zu denen demnächst eine dritte kommen soll, sind aus neuerer Zeit. Die Baulast der Kirche steht der Gemeinde und der Stiftungspflege gemeinschaftlich zu.

Um die Kirche lag der Begräbnißplatz, dessen alte Umfassungsmauer noch vorhanden ist; er wurde aufgegeben und dagegen ein neuer, am nordöstlichen Ende des Orts angelegt.

An der Hauptstraße steht das ansehnliche Pfarrhaus, das mit

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0243.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)