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mildgerundeten rebenreichen Ausläufer und Vorberge der Löwensteiner Berge, von denen insbesondere das altersgraue, großartige Schloß Lichtenberg ernst herunterschaut. Von Nordwesten her zieht das anmuthige, etwas abgeschiedene Flachthälchen der kleinen Bottwar gegen die Stadt und im nicht fernen Hintergrunde des Thälchens erhebt sich frei und kräftig der Berg Wunnenstein mit den spärlichen Überresten der ehemaligen Burg gleichen Namens.

Minder reizend als die Umgegend ist die unregelmäßig angelegte, enge gebaute, meist von schmalen Straßen durchzogene Stadt selbst, die indessen theilweise den echten Charakter einer mittelalterlichen Landstadt an sich trägt und noch manches alterthümliche Haus aufzuweisen hat. Die Stadt zerfällt in die ursprüngliche Stadt (Altstadt) und in die später entstandenen Vorstädte, die obere Vorstadt an der Nordseite, die mittlere Vorstadt an der Westseite und die untere Vorstadt an der Südseite des Orts. Die Altstadt war mit Mauern und Gräben umgeben, die sich großentheils namentlich an der Südseite noch erhalten haben, und hatte 3 mit Thürmen versehene Hauptthore, das obere Thor an der Nordseite, das untere Thor an der Südseite und das Thürlesthor an der Westseite der Altstadt. In den Jahren 1828/29 wurde der untere, 1830 der obere und 1837 der mittlere Thorthurm abgebrochen; ein Nebenthor, das sog. Mühlthörle an der Südseite der Stadt steht noch.

Der hintere oder sogenannte Karcerthurm, welcher auf der Stadtmauer stand, wurde 1822 abgebrochen. Die Ortsstraßen sind, mit Ausnahme der macadamisirten Hauptstraße sämtlich gepflastert.

Von öffentlichen Gebäuden sind zu nennen:

Die dem heil. Martin geweihte Pfarrkirche, welche frei in der mittleren Vorstadt liegt; das Langhaus ist in einem modernen Rundbogenstyl mit hohen rundbogigen Fenstern und geradlinigen Eingängen gegen Ende des vorigen Jahrhunderts umgebaut und mit einem Walmdach versehen. Der Thurm ist sehr alt, viereckig, gegen oben sind die Ecken abgestutzt und nur sein oberstes achteckiges, aus Holz erbautes Stockwerk (Glockenhaus) stammt wie auch das Langhaus, aus neuerer Zeit und trägt ein achtseitiges Zeltdach. In seinen älteren Theilen enthält der Thurm spitzbogige Eingänge und Fenster, von denen einige an die Übergangsperiode vom romanischen in den gothischen Styl erinnern. Das geräumige Innere der Kirche ist weiß getüncht und die flache, gegipste Decke ruht auf 6 runden Säulen; von dem Langhause führt ein spitzer Chorbogen in das untere Geschoß des Thurms, das die Stelle des Chors vertritt; er ist mit

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0193.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)