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Die eigenen Güter des Klosters waren in einem Hofe vereinigt, worauf das Kloster seinen Maier (Major) Schaffner hatte. Nach der eben angeführten Urkunde hatte der Maier die Obliegenheit den Vogt zu beherbergen, das Heimführen und Dreschen der Zehentfrüchte zu besorgen, hatte aber dafür auch Antheil an dem kleinen Zehnten und die Hälfte des Zehentstrohs zu genießen. Mit der Zeit zerfiel der Hof in 8 eigenthümliche Bauernhöfe, wovon die Eigenthümer noch jetzt die Maierbauern genannt werden und Rechte und Obliegenheiten des alten Klostermaiers theilen.[1] – S. 9. 93.

Übrigens war ein Theil von L. immer frey, hatte sein eigenes Gericht und vor Alters auch sein Hochgericht. Es bestand als hier eine freye Gemeinde neben hörigen Leuten.[2]


  1. In Beziehung auf die vogteylichen Verhältnisse heißt es in der angeführten Urkunde: Es gaut (geht) minem Herrn von Würtemberg ußer (aus) jeder Hub besunder dryzehn Schilling Halischer Heller und 2 jme Fäßen zu vogtrecht vor allen Dingen; es spricht och (auch) der Mertheil (der über das Herkommen vernommenen Zeugen) wann ein Vogt der ir Vogt ist käme oder ritt und gen Laichingen käm, der soll dahin ritten selbzehend, (den eilften mußte das Dorf bewirthen) und soll ritten in den maierhof, und soll der mayer im und den synen geben muß und Brott und Höw, und ain Roß ain Fiertail Haber, und soll der vogt da lygen, ob er will, ain tag und ein nacht, will er aber länger da lygen, das soll das Dorff schaden han, und ob der vogt, so er ain tag und ain nacht by dem mayer blibt, nun ritte für das Dorff, und wieder hinkäm, so soll in aber der mayer haben.
  2. Die Geschichte von L. bietet manche merkwürdige Seite für die allgemeine deutsche Staatsgeschichte dar. Man findet hier ursprünglich eine Gemeinheit freyer Leute; nach der alten deutschen Verfassung stand dieselbe unter der Gerichtsbarkeit eines Gaugrafen; sehr wahrscheinlich war L. selbst Hauptort eines Gaues (vielleicht des Fleingaus) oder wenigstens, wie Münsingen und Hayingen, eines untergeordneten Amtsbezirks. Das Gaugrafenamt bekleideten vermuthlich die Pfalzgr. von Tübingen; diese besaßen zugleich Allodialgüter in dem Orte mit Hintersassen. Sie vergaben diese an das von ihnen gestiftete Kloster Blaubeuren, sie vergaben aber damit nicht auch die Gerichtsbarkeit, diese bleibt als Ausfluß der Gaugrafschaft in ihrem Besitze und mit ihr der Ort als villa publica in ihrer Gewalt. Später wird diese Gewalt erblich, wird von den Pfalzgrafen verkauft, kommt wahrscheinlich an deren Nachfolger in der Herrschaft Blaubeuren, die Grafen v. Helfenstein und endlich an Würtemberg. Die Zahl der unfreyen Leute und Güter aber nimmt unter dem Drange der Umstände zu – noch ist es Volkssage in L., wie einst eine solche Noth gewesen sey, daß die Leute in die Klöster und Stifter gegangen seyen und um ihr Leben zu fristen, sich und ihre Güter denselben zu eigen gemacht haben – und so breitete sich das Kloster Blaubeuren immer mehr aus. Die Grafen von Würtemberg hingegen, die Freyheit stets fördernd, lösten, wie schon S. 9 und 10 gezeigt worden, die Fesseln wieder einiger Maßen, und das Falllehenwesen hörte wieder auf. Vergl. Eichhorns deutsche Staats- und Rechtsgeschichte Bd. I. §. 193.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Münsingen. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1825, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAM%C3%BCnsingen191.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)