Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

b) Leben und Sitten. Die Lebensweise ist durchaus höchst einfach, gemäß den ökonomischen Verhältnissen; Kartoffeln, Milch und Mehlspeisen, besonders Haberbrey sind die gewöhnliche Nahrung; Fleich, Wein, selbst Bier wird nur selten genossen, mehr noch Branntwein. Die Kleidung besteht bey den Mannsleuten in der Regel Werktags in einem weißen oder schwarzen Zwilchkittel, Sonntags in einem blauen, auch braunen grobtüchenen Rock, mit glatten metallenen Knöpfen, rothem Kamisol, schwarzem Halsflor, schwarz oder gelbledernen Hosen, schwarzen, bey den Katholiken gemeiniglich blauen, wollenen Strümpfen, Schuhen mit Schnallen und einem dreyeckigen, schwarzem Filzhut. Die Weibsleute sind in der Regel schwarz gekleidet, größtentheils von selbst erzeugtem Stoffe, Leinwand oder Wollenzeug.

Auch die Sitten der Einwohner sind sehr einfach, wenn gleich die Sittlichkeit nicht überall gleich gerühmt wird. Nach den verschiedenen Bezirken, Religionen und vormaligen Herrschaften sind übrigens auch Kleidung, Sitten und Sprache verschieden. Das Hardt bildet, wie schon bemerkt worden, eine natürliche Gränzscheide in dem Oberamt, und nach dieser Scheide trifft man auch eine unverkennbare Verschiedenheit unter den Einwohnern an. Von Laichingen bis Magolsheim herüber herrscht noch die alte Alptracht: schwarze Barchentröcke mit rothem Unterfutter, rothe, in die schwarzen kurzen Lederhosen eingeschlossene Westen, mit schwarzem Hosenträger über die Westen. Anders ist die Kleidung wieder in Farbe und Schnitt auf der Zwiefalter Alp, wo, wie überhaupt bey den Katholiken, besonders bey den Weibsleuten, mehr helle Farben gefunden werden. Die Verschiedenheit der Bewohner der Alp dieß- und jenseits des Hardts drückt sich auch in der Sprache aus, jenseits bilden sie nach Schweizerart die Worte mehr in der Kehle als im Munde; aus dieser Ursache, und da die Leute auch in der Tracht an die Schweizertracht erinnern, hat die Meinung, daß sie von eingewanderten Schweizern abstammen, um so mehr für sich, als nach dem dreyßigjährigen Kriege wirklich solche Einwanderungen statt gefunden haben.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Münsingen. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1825, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAM%C3%BCnsingen060.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)