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Scheidebögen verbundene Säulen getragen. Die von dem Bürgermeister Reeble im Roccocostyl gebaute kunstreiche Kanzel stimmt mit dem Styl der Kirche so wenig überein, als der im Chor stehende Hochaltar. Zwischen den beiden älteren Thürmen, welche die Breite der früheren Kirche noch genau bezeichnen, führt ein spitzbogiger Triumphbogen von dem Langhaus in das Chor; letzterer hat ein schön construirtes, 1847 im Styl der Kirche gut restaurirtes Netzgewölbe, an dessen Schlußsteinen in der Richtung von Westen nach Osten folgende Figuren angebracht sind: 1) Das Schweißtuch, 2) der Reichsadler, 3) Agnus Dei, 4) der heil. Petrus, 5) ein Kopf, vermuthlich der des Baumeisters der Kirche, mit der Jahrszahl 1519, 6) ein Christuskopf, zu dessen beiden Seiten an den nächsten Gurtenkreuzungen die heil. Maria und Johannes sich befinden, 7) ein Steinmetzenzeichen. An der nördlichen Wand steht ein die ganze Höhe des Chors einnehmendes, im Renaissancestyl gehaltenes Tabernakel, das sehr kunstreich aus Stein gehauen ist. In der Kirche befinden sich mehrere Grabdenkmale aus dem 14., 15. und 16. Jahrhundert, von welchen das mit folgender Umschrift bezeichnete merkwürdig ist: „Anno dom. 1388 am St. Bartholomäi-Abend ist Anshelm Reinhardt in dem Streit vor Töffingen erschlagen worden, deß Hausfraw war Adelheit Schultheißen.“ Der Grabstein eines Mönchs v. Lichtenstein († 1659), welcher zur Erhaltung der katholischen Religion in Weil der Stadt viel beigetragen haben soll, steht an der hintern Chorwand.

In dem Kirchenschatze befinden sich zwei Monstranzen, von denen die eine, im reinen germanischen Styl, von vergoldetem Silber gearbeitet ist und 9 Pfund 30 Loth wiegt; die andere, ebenfalls silberne, 9 Pfund 26 Loth schwere, ist aus neuerer Zeit und stellt eine Sonne dar. Auch ist ein ausgezeichnet schöner, im germanischen Styl gehaltener Kreuzpartikel vorhanden. Die Kirche wurde 1492 bis 1500 an der Stelle einer früher bestandenen, wahrscheinlich für die Bevölkerung zu klein gewordenen erbaut; bei dem Brand von 1648 (s. unten) wurde nicht nur der Dachstuhl des Langhauses und das Kreuzgewölbe zerstört, sondern es brannte auch der große Thurm ganz aus und verlor bei seiner Wiederherstellung 20 Fuß von seiner ehemaligen Höhe. Die Baulast der Kirche liegt der Stiftungspflege ob, bei deren Deficit die Spital- und die Stadtpflege eintreten.

Zunächst der Kirche stand früher die erst in neuester Zeit abgebrochene sogenannte Sakraments-Kapelle.

Die Spitalkirche zur heil. Maria liegt neben dem Hospital an der östlichen Stadtmauer; sie wurde am Gallustage 1364 geweiht, scheint

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_246.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)