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führen 5 Thore, und zwar: das Spital-Thor, das Königs-Thor, das Juden-Thor, das obere und das untere Thor.

Die den Aposteln Petrus und Paulus geweihte, im rein germanischen Style aus buntem Sandstein massiv erbaute Pfarrkirche ist ein großartiges Gebäude, das zu den schönsten der Gegend gezählt werden darf. An dem Schiff befinden sich Strebepfeiler, deren Grundflächen Dreiecke bilden, und welche gegen oben in halbe, mit Giebel- und Kreuzblumen geschmückte, bis an das Dachfries hinauflaufende Fialen (Spitzsäulen) übergehen, so daß die Strebepfeiler gleichsam gegen Außen nur angedeutet sind, während sie, das Schiff tragend, in das Innere der Kirche hineingreifen. Zwischen diesen Strebepfeilern sind spitzbogige, ziemlich breite Fenster angebracht, welche in den Bogenfeldern fischblasenartige Füllungen haben. Der mit einem halben Achteck schließende Chor hat Strebepfeiler mit viereckigen Grundformen, die gegen oben als freie, mit prachtvollen Giebel- und Kreuzblumen geschmückte Fialen emporstreben; zwischen denselben befinden sich ebenfalls spitzbogige, gothisch gefüllte Fenster. Der südliche Eingang, die sogenannte Ehethüre, bildet gleichsam eine Vorhalle mit schön construirtem Netzgewölbe, von der ein architektonisch reich geschmücktes Portal zur Kirche führt; an der einen Seite desselben ist St. Petrus mit dem Schlüssel, an der andern St. Paulus mit dem doppelten Schwert gut in Stein ausgehauen. Eine an diesem Eingange angebrachte Inschrift lautet: „Anno dom. 1492. Innocentio nono summo pontifice, Friderico duce Austriae Rom. imperatore et Maximil. filio ejus eorundem rege, secunda feria post invocavit hujus ecclesiae renovatae primus lapis positus est." Der an der westlichen Seite stehende massive Thurm ist bis zum vierten Stockwerke viereckig und ohne allen architektonischen Schmuck, mit Ausnahme der auf den oberen Ecken desselben freistehenden Fialen; dem massigen Bau sind noch zwei weitere achteckige Stockwerke aufgesetzt, um welche steinerne, durchbrochene Brüstungen laufen. Aus dem die Bedeckung bildenden Zeltdach wächst ein kleines Thürmchen empor. An der südlichen Seite des Thurms steht: »Hainrich von Heimheim lait den ersten Stain an diesem Turn und sin Sun den andern Stain." Von den fünf Glocken ist eine 1611 von Hans Conrad Flach von Schaffhausen und zwei 1718 von Heinrich Ludwig Gosmann gegossen. Wenig übereinstimmend mit dem beschriebenen Bau sind die zwei weiteren, noch von der früheren Kirche vorhandenen, im romanischen Style des 12. Jahrhunderts erbauten Thürme, mit ihren äußerst schmalen, gedrückt spitzbogigen Fenstern und umlaufenden Rundbogenfriesen. Das Innere der Kirche ist dreischiffig; die Decke, welche früher spitzbogig gewölbt war, gegenwärtig aber flach getäfelt und geschmacklos bemalt ist, wird von gewundenen, durch spitzbogige

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_245.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)