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Perouse,
Gemeinde III. Kl. mit 528 Einw., wor. 7 Kath. - Ev. Pfarrei.

Das im Jahr 1699 gegründete Dorf Perouse liegt 2 Stunden westlich von der Oberamtsstadt; der nicht große, in die Länge gedehnte Ort ist an zwei geraden, parallel laufenden, steinbeschlagenen Straßen gebaut, die von einigen Querstraßen rechtwinklig durchschnitten werden. Die meist kleinen, jedoch freundlichen Wohnungen stehen beinahe alle frei, indem sie durch Hofräume und Gärtchen von einander getrennt sind.

Die 1738 erbaute Pfarrkirche liegt an einer Kreuzstraße, in der Mitte des Orts; auf dem nördlichen Giebel sitzt ein kleines Thürmchen mit Uhr und einer 1837 von L. Neubert in Ludwigsburg gegossenen Glocke. Die Unterhaltung der Kirche haben die Gemeinde- und die Stiftungspflege gemeinschaftlich zu bestreiten. Der Begräbnißplatz liegt von allen Seiten frei an der Südseite des Orts. Das zunächst der Kirche gelegene, 1762 erbaute Pfarrhaus hat ebenfalls die Gemeinde zu erhalten, welche bei ihrer Mittellosigkeit nur die nothdürftigen Baukosten darauf verwendet. Das ziemlich gut erhaltene, geräumige Schulhaus liegt der Kirche gegenüber und enthält zugleich die Wohnung des Lehrers und Gelasse für den Gemeinderath. Neben der Volksschule, an welcher nur ein Lehrer unterrichtet, besteht auch eine Industrieschule.

Das Pfarrdorf hat eine hohe, freie Lage und vermöge dieser und der ganz nahe liegenden Waldungen eine sehr gesunde, jedoch etwas rauhe Luft; dagegen fehlen laufende Brunnen und die Gemeinde ist an einen erst im Jahr 1807 gegrabenen Zugbrunnen gewiesen, der in sehr trockenen Sommern schon versiegte, so daß das Wasser aufwärts geholt werden mußte. Indessen bestehen noch einige Cisternen und eine Wette am südöstlichen Ende des Orts.

Die Einwohner, deren Voreltern aus Piemont einwanderten (s. unten), haben sowohl an ihrem Äußern als in ihrem Charakter noch manche Spuren italienischer Abstammung; sie sind gewandt im Umgang, rührig, speculativ und sehr fleißig, aber auch wegen der vielen Holzexcesse, welche sie in den nahe gelegenen Waldungen begehen, berüchtigt. Ihre Mundart ist im Laufe der Zeit beinahe ganz die schwäbische geworden, während sich ihr früheres Patois, ein Gemenge von der französischen und italienischen Sprache, nur noch in einzelnen Familien erhalten hat. Trotz ihrer Rührigkeit sind die Einwohner meist unbemittelt, da bei der im Verhältniß zu der Bevölkerung kleinen Ortsmarkung ihre Haupterwerbsquellen, Feldbau und Viehzucht, gering sind, und der Kleinhandel, so thätig sie ihn auch betreiben, ihnen wenig einbringt. Die Feldmarkung,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_220.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)