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Sämmtliche Parochial-Verrichtungen in der Gemeinde dürfen nur von einem mit höherer Genehmigung eigens dazu bestellten, ordinirten Geistlichen vorgenommen werden.

XXV. Die Gemeinde ist von der Aufsicht und Gerichtsbarkeit der evangelisch-lutherischen Consistorial-Behörden befreit, ihre religiöse Verfassung steht aber unter der Oberaufsicht des K. Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens, welches dieselbe zunächst durch die Regierung des Neckarkreises ausüben lassen wird, welch letzterer daher auch überlassen bleibt, theils periodische, theils durch besondere Veranlassung nöthig werdende Visitationen durch besonders zu ernennende Commissarien vornehmen zu lassen, die ihr Augenmerk besonders darauf zu richten haben, ob die landesherrlich bestätigten Einrichtungen der Gemeinde keine, dem Inhalte der Bestätigungs-Urkunde zuwiderlaufende Abänderung erlitten, und ob sich keine Mißbräuche eingeschlichen haben, welche für das Staats-Wohl nachtheilig werden könnten.

Die Kosten dieser Visitationen hat die Gemeinde zu übernehmen.

XXVI. In allen Fällen, wo die gegenwärtige Urkunde und die bestätigte Kirchen-Ordnung der Gemeinde keine Ausnahme begründen, verbleibt es bei den Bestimmungen des bei der evangelisch-lutherischen Landeskirche stattfindenden Kirchenrechts.

Insbesondere stehen die Gemeinde-Angehörigen in Ehesachen unter dem evangelischen Ehegerichte, und haben sich in Hinsicht auf die Eheverbote, die Proklamationen, die zur Gültigkeit der Eheverlöbnisse und ehelichen Trennung vorgeschriebenen Erfordernisse, nach den Landesgesetzen zu achten.

Die Behandlung der Ehesachen in erster Instanz bleibt dem gemischten Gemeinde-Vorstande überlassen, in zweiter Instanz aber werden Ehesachen vor dem gemeinschaftlichen Oberamte verhandelt, welches hiezu für immer den Auftrag erhält.

XXVII. Dem bei der Gemeinde angestellten Geistlichen liegen neben der Austheilung der Sakramente andere Parochial-Verrichtungen, besonders auch der Religions-Unterricht der Jugend und die Aufsicht über die Schulen in religiöser Hinsicht, ob; er hat für die Reinheit und Lauterkeit in Lehre und Leben vorzugsweise zu sorgen.

Die Beförderung der Andacht ist keinem Gemeinde-Mitgliede ausschließlich überlassen, es können daher die hiezu außer dem allgemeinen Gottesdienste gewidmeten Versammlungen neben dem Geistlichen auch durch andere von der Gemeinde ernannte Mitglieder geleitet werden.

XXVIII. In der Schule werden, außer der Religion, auch die übrigen, allgemein eingeführten Schulpensen gelehrt, und sowohl die Methode des Unterrichts, als die dabei zu gebrauchenden Lehrbücher, sind, insoweit sie sich nicht auf den Religions-Unterricht beziehen, den Vorschriften und Verfügungen der Kreis-Regierung unterworfen.

XXIX. Den Gemeinde-Vorstehern ist unbenommen, das Lesen jeder, nach ihrer Überzeugung schädlichen Schrift auch den erwachsenen und mündigen Gemeinde-Mitgliedern abzurathen; dieselben sind aber keineswegs befugt, solches zwangsweise zu verbieten.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_184.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)