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Hemmingen,
Gemeinde III. Kl. mit 1107 Einw. a. Hemmingen, Pfarrd., 1092 Einw., wor. 1 Kath. b. Hagmühle, 10 Einw. c. Ölmühle, 3 Einw. d. Jägerhaus, 2 Einw, – Ev. Pfarrei.


Auf der weitausgedehnten fruchtreichen Fläche des Strohgäus liegt 2 Stunden nördlich von der Oberamtsstadt das ansehnliche Pfarrdorf Hemmingen. Der ziemlich unregelmäßig gebaute, jedoch mit reinlichen, gekandelten, breiten Straßen versehene Ort, dessen Gebäude meist ein wohlhäbiges, einzelne sogar ein städtisches Ansehen darbieten, hat eine theils sanft geneigte, theils ebene Lage und ist seit 1844 mit gutem Trinkwasser, welches 4 laufende und 3 Pumpbrunnen spenden, hinreichend versehen. Auch ist im Ort eine Wette vorhanden. Schon im Jahr 1595 wurde der westlich vom Ort gelegene Hafensteinbrunnen mittelst einer über 5000′ langen irdenen Wasserleitung in das Dorf geführt; diese Leitung ist später in Verfall gerathen, dagegen wurde die sog. Seequelle von dem Freiherrn von Varnbüler im Jahr 1844 gefaßt und auf eine Länge von über 6000′ in thönernen Teicheln in den Ort geleitet. Diese Quelle bildete früher einen See, welcher über 16 Morgen groß war, aber vor etwa 50 Jahren abgelassen worden ist. Im Herzengrund, 1/4 Stunde nordöstlich vom Ort, befinden sich 2 periodische Quellen (Hungerbrunnen) und eine weitere im Ort selbst, in einem Wohngebäude, das gegenwärtig dem Johann Geisel gehört. Überdieß fließt der im Kesselbrunnen entspringende Bach am nördlichen Ende des Orts vorüber und nimmt den Abfluß des letzteren, den sog. Geichelgraben, auf.

Der Bau der im östlichen Theile des Orts gelegenen Pfarrkirche gehört verschiedenen Perioden an; sie wurde mehreremal verändert und namentlich das Langhaus dermaßen erweitert, daß dasselbe jetzt breiter als lang ist. Der sehr alte, monströse, nicht hohe, viereckige Thurm mit rundbogigen Fenstern und 7′ dicken Mauern scheint ursprünglich zur Vertheidigung gedient zu haben; auf demselben hängen 3 Glocken, welche in den Jahren 1698, 1770 und 1779 gegossen wurden. Der mit einem halben Achteck schließende, mit Strebepfeilern versehene Chor, gehört einer spätern Periode als der Thurm an; dennoch dürfte derselbe, nach seinen ziemlich schmalen, spitzbogigen, schön gefüllten Fenstern zu schließen, aus dem 14ten Jahrhundert stammen. Das Langhaus, welches 1785 die letzte bedeutende Veränderung erlitt, bietet durchaus nichts Sehenswerthes, dagegen ist am südlichen Eingang in dasselbe ein im Renaissancestyl schön ausgeführter, auf Säulen ruhender Vorbau angebracht, an welchem Petrus und Paulus, in Lebensgröße aus Stein

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_157.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)