Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Jahr 1653 von der Herrschaft an die Gemeinde verkauft und darauf in ergiebigen Wiesengrund umgewandelt wurde.[1]

Die Pfarrkirche, welche die Stiftungspflege zu unterhalten hat, wurde nach einer an der nordwestlichen Ecke angebrachten Jahrszahl 1463 erbaut; die Langseiten des Schiffs sind durch Veränderungen entstellt, während die westliche Giebelseite mit ihrem spitzbogigen Eingang und einer künstlich construirten Fensterrose in der ursprünglichen germanischen Bauweise erhalten ist. Der mit einem halben Achteck schließende Chor scheint älter als das Langhaus zu seyn; er hat Strebepfeiler und schöne, im früh germanischen Style gehaltene Fenster. Der viereckige, massive Thurm, auf dem ein ziemlich hohes, spitzes Zeltdach sitzt, besteht aus drei Stockwerken, in deren oberstem mit gothisch gefüllten Fenstern versehenem, drei Glocken mit den Jahrzahlen 1597, 1700 und 1846 hängen. Im Innern ist die Kirche geräumig und hell; sowohl der Taufstein als die massive Kanzel sind übereinstimmend mit dem ursprünglichen Styl der Kirche gehalten. An einer die Emporkirche tragenden Säule ist die Jahrzahl 1581 eingeschnitten. Der Chor hat ein ausgezeichnet schönes Netzgewölbe, an dessen obern Gurtenkreuzungen Schlußsteine angebracht sind, die in der Richtung von Westen nach Osten folgende Figuren enthalten: 1) ein Schild mit einem Steinmetzenzeichen, 2) der heilige Sebastian, 8) der heilige Veit, 4) die heilige Barbara, 5) die heilige Katharina, 6) der Apostel Paulus, 7) der Apostel Petrus, 8) Maria mit dem Christuskinde, 9) das württ. Wappen und 10) ein Engel, welcher ein Steinmetzenzeichen hält. Auf dem westlichen Giebel steht aus Stein gearbeitet der heilige Petrus. Der Begräbnißplatz, der mit einer hohen Mauer versehen, die Kirche umgibt, wurde vor einigen Jahren verlassen und ein neuer auf der Südseite desselben angelegt.

Das 1828 erbaute Rathhaus mit Thürmchen und Uhr befindet sich in gutem Zustande. Das bequem eingerichtete Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, bildet mit seinen Nebengebäuden einen schön geschlossenen Pfarrhof. Die Nomination zur Pfarrstelle und die Confirmation steht dem Könige zu. Der Kirche gegenüber wurde 1818–19 das Schulhaus mit Lehrerwohnung erbaut. Überdieß befinden sich als öffentliche Gebäude im Ort: eine große Kelter mit 6 Bäumen, ein 1847 erbautes Gemeinde-Waschhaus, ein Armenhaus, eine dem Staate und eine dem Hospital Stuttgart gehörige Zehentscheuer.


  1. In dem Landbuch von 1624 wird Folgendes angeführt: Der Görlinger See, soweit er mit Wasser anlauft und wie er zu beeden Seiten versteint, begreift in sich 78 Morgen 1 Viertel. Der Seethamm und die Vieschgruben beim Seehaus, samt dem Graßboden darbey, helt 11/2 M. und hinder dem Seehaus 3/4 Ackhers. Würd besetzt mit 3700 Kärpflin.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_129.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)