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mit der Summe von 70.000 fl., gegen welche sie auf alle Ansprüche „zu Verhütung mehrerer Ungnad und anderer Weitläufigkeit“ verzichteten, abfertigte. Es wurde sofort ein Vogt hieher gesetzt, und die Herrschafft im J. 1618 dem Lande inkorporirt. Herzog Eberhard III. verlieh sie aber 1633 seinem Kanzler Löffler, der sie jedoch unter der österreichischen Regierung schon 1634 dem bayerischen Geheimenrath von Reichel abtreten mußte. (Sattler IX. 72.) In Folge des Westphälischen Friedens wurde das Lehen wieder offen, worauf Herzog Eberhard den tapfern Conrad Widerhold wegen seiner Verdienste damit belehnte, der bald hier und bald in Kirchheim, wo er Obervogt war, sich aufhielt. Da Widerhold keine männlichen Erben hinterließ, so fiel es 1666 an die Kammerschreiberei (das herzogl. Familien-Kammergut) zurück, worauf eine unter ihr gestandene, von der Vogtei Kirchheim in allen Beziehungen unabhängige, Vogtei[1] Neidlingen gebildet wurde, die mit allen oberamtlichen Attributen ausgestattet war, Neidlingen, Ochsenwang und Randeck umfaßte und schon 1675 einen „separaten Landstand“ hatte, dessen Rechte sie auch bis zu ihrer 1807 erfolgten Aufhebung und Vereinigung mit dem Staatsgute und Einverleibung in das Oberamt Wiesensteig (oben S. 101) geltend machte.

Die Rechte, welche mit der Herrschaft an Württemberg übergegangen, sind zum Theil aus dem Vorgetragenen zu ersehen. Die Landeshoheit scheint zwar schon mit Aichelberg an dasselbe gekommen zu seyn; allein es ist nicht unwahrscheinlich, daß sich die Besitzer nicht nur dieser, sondern auch der Lehenspflicht frühe schon zu entledigen gewußt hatten. Nach Steinhofers Chronik (II. 759.) wären zwar Neidlingen und Ochsenwang mit Weilheim 1432 an die von Wernau verpfändet worden. Allein Württemberg hatte damals urkundlich keine andern Rechte daselbst, als einige Leibeigene, und erkannte 1443 an, daß die Beiziehung derselben zur Leibsteuer

  1. Im Jahr 1606 wurde das 60 Jahre zuvor von Eberhard v. Freyberg errichtete, baufällig gewordene, Hochgericht wieder neu aufgeführt. Nach dem Berichte waren „die Sayl, daran anno 1563 vnd 1584 Weiber verbrennt worden,“ in das Hochgericht eingegraben worden.
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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Kirchheim. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1842, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAKirchheim_215.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)