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außerhalb des Orts jenseits der Ammer und wurde abgebrochen, weil das Austreten der Ammer, welches häufig auch den nahe liegenden Gütern Schaden bringt, zuweilen den Besuch der Kirche hinderte.

Das der Kirche gegenüber an der Hauptstraße gelegene Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, ist im Jahre 1752 erbaut worden.

Auf der Stelle eines ehemaligen von Gültlingen’schen Schlosses steht das im Jahre 1811 erbaute Rathhaus, in welchem sich auch die Volksschule, und die Wohnung des Schulmeisters befindet. Übrigens ist auch eine Industrieschule vorhanden.

Über die Ammer gehen im Ort eine steinerne Brücke und ein hölzerner Steg.

Wasser liefern zwei Rohr-, drei Pump- und Schöpfbrunnen, sowie drei in der Nähe der Ammer in Stein gefaßte Quellen zwar hinlänglich, allein das Wasser der Rohrbrunnen ist schlecht und zum Kochen unbrauchbar, und dem wiewohl bessern Wasser der in Stein gefaßten Quelle mangelt die Reinheit und Frische.

Ein sogenannter Hungerbrunnen befindet sich in dem Sulzthal und südwestlich vom Ort bestand früher ein kleiner Weiher.

Die Einwohner sind zwar im Allgemeinen gesund, übrigens körperlich nicht besonders ansehnlich, wie denn vermuthlich in Folge des schlechten Trinkwassers, Kropf und Neigung zum Cretinismus vorkommen, welche Übel jedoch immer mehr abnehmen und sich namentlich bei der Jugend neuerer Zeit in viel geringerer Ausdehnung zeigen. Die Vermögensumstände sind, trotz der eingezogenen Lebensweise und des Fleißes der Einwohner, gering, so daß nur Wenige zu den einigermaßen Bemittelten gezählt werden dürfen.

Die an sich kleine Markung ist noch überdies etwa zum dritten Theil im Besitz von Bürgern der angrenzenden Orte Unter-Jesingen, Poltringen und Oberndorf.

Feldbau, Viehzucht, Obst- und Weinbau bilden die Hauptnahrungsquellen, während die Gewerbe, mit Ausnahme einer Mühle (drei Mahlgänge und ein Gerbgang) und einer in der Nähe derselben stehenden Sägmühle nebst Hanfreibe, ganz untergeordnet sind; von den weiblichen Personen wird viel um den Lohn gesponnen.

Mit vielem Eifer und mit Benützung der deutschen, und in neuerer Zeit auch der Brabanter Pflüge, wie mit fleißiger Anwendung der Jauche wird die Landwirthschaft betrieben; man baut in dem üblichen Dreifeldersystem hauptsächlich Dinkel und Gerste,

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_271.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)