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erbaut; der an der Ostseite stehende, von unten herauf viereckige, massive Thurm geht gegen oben in ein aus Holz erbautes, geschmacklos mit Brettern verkleidetes Achteck über. Auf demselben genießt man eine sehr ausgebreitete, anziehende Aussicht an den Westabhang des Schönbuchs und an einen großen Theil des Steilabfalls der Alp (von dem Plettenberg bis gegen Neuffen). Von den drei Glocken wurde die größte 1749 und die mittlere 1826 gegossen; die kleinste ist sehr alt und hat eine unleserliche Umschrift. Innen ist die Kirche hell, geräumig, und enthält außer einem gut aus Holz geschnittenen Bild des Gekreuzigten nichts Bemerkenswerthes.

Gleichzeitig mit Erbauung der Kirche wurde auch der Begräbnißplatz an das nördliche Ende des Orts verlegt; der frühere um die Kirche gelegene Gottesacker ist nun mit Zierbäumen freundlich ausgepflanzt.

Das Pfarrhaus, dessen Unterhaltung dem Staate obliegt, ist sehr ansehnlich und bildet mit seinen Nebengebäuden, Garten etc. einen gut geschlossenen, angenehmen Pfarrsitz. Auch das Schulhaus, in welchem zugleich die Lehrerwohnungen eingerichtet sind, ist gut erhalten und geräumig.

An der Volksschule, neben welcher seit sechs Jahren auch eine Industrieschule besteht, ist ein Schulmeister mit einem Lehrgehilfen angestellt.

Das schon ziemlich alte Rathhaus hat wenig Äußeres.

Die früher herrschaftliche Zehentscheuer ist seit 1850 im Besitz zweier Ortsbürger.

Der Ort hat keinen laufenden Brunnen, dagegen etwa 50 Zieh- und Pumpbrunnen, welche meist im südlichen, etwas abhängigen Theile, und nur wenige in dem höher gelegenen nördlichen Theile des Dorfes sich befinden. Sämmtliche Brunnen gehen übrigens, zum großen Übelstand der Gemeinde in trockenen Jahrgängen aus, so daß die Einwohner genöthigt werden, ihr Wasser außerhalb, 1/8 Stunde südlich, des Orts, in einem Wiesengrund, Oberstetten genannt, zu holen. Da aber die Ansprüche an die hier befindlichen Ziehbrunnen bald zu groß werden, so wird häufig auch Wasser in Unter-Jettingen, ja sogar in dem eine Stunde entfernten Ober-Sulz geholt. Theils zum Feuerlöschen, theils zum Tränken des Viehs sind fünf Wetten angelegt.

Die kräftig gewachsenen, im Durchschnitt gesunden Einwohner befinden sich in mittelmäßigen Vermögensumständen, so daß die Zahl der Unbemittelten die der Wohlhabenden übersteigt. Der Begütertste besitzt sammt Waldungen 70 Morgen.

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_252.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)