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Streben, welche durch einen flachgesprengten Bogen verbunden sind, bilden eine kleine Vorhalle, auf deren Schlußstein ein Schild mit dem Steinmetzzeichen des Baumeisters (ein mit einem Winkelmaß gekreuzter Hammer) angebracht ist. Der an der Westseite stehende massige Thurm wurde, als er im Jahr 1749 dem Einsturz drohte, durch vorgenommene Veränderungen entsetzlich verunstaltet, indem man ein großartiges, germanisches Fenster und eine Fensterrose an demselben zumauern und zwei oben auf dem Thurme schlank emporstrebende Spitzthürmen abbrechen und an dessen Stelle ein hölzernes Stockwerk mit einem Kuppelaufsatz setzen ließ. Auch wurden, zur weiteren Befestigung und Sicherung des Thurms, zwei massenhafte, unschöne Streben an der Westseite desselben angebracht. Auf dem Thurme, von dem man eine ausgezeichnet schöne Aussicht über das Gäu, an die Schönbuchsterrasse und an die Alp genießt, hängen fünf Glocken, von denen die größte, die sogenannte Guldenglocke, im Jahr 1602 gegossen wurde, auf der zweiten stehen mit Majuskeln die vier Evangelistennamen, auf der dritten ist ebenfalls in Majuskeln neben den Namen der vier Evangelisten die Umschrift: „O rex glorie Christe veni cum pace“ angebracht, die vierte ist im Jahr 1630 gegossen worden, die fünfte, einen Stock höher hängende, wird ihrer seltenen, schmalen Form nach die älteste sein. Im unteren Theil des Thurmes befindet sich eine große Halle, in deren Mitte zwei starke runde Säulen stehen, die bis in das zweite Stockwerk hinaufreichen. Früher enthielt der Thurm in seinen untern Theilen zwei über einander stehende, mit Kreuzgewölben gedeckte Stockwerke, welche zu Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts herausgebrochen und durch einen schwerfälligen Holzeinbau ersetzt wurden. Diese Thurmhalle bewahrt mehrere Grabdenkmale, namentlich ließ hier dem um die Geschichte von Stadt und Amt Herrenberg verdienten Gottlieb Friedrich Heß, herzogl. Rath, Hofgerichtsassessor, wie auch Stadt- und Amtsvogt zu Herrenberg, welcher den 13. Januar 1761 starb, seine Gemahlin eine geb. Dörtenbach ein Grabmal setzen. Auf der östlichen Giebelseite des Langhauses sitzt ein steinernes Spitzthürmchen. Von dem Thurm gelangt man durch ein spitzbogiges, weit abgeschrägtes Portal in die geräumige dreischiffige Kirche, deren schön construirte Netzgewölbe durch zwei Reihen spitzbogiger Arcaden auf je fünf reich profilirten Pfeilern getragen werden. Die Netzgewölbe mit ihren zierlichen Schlußsteinen[1] waren, wie auch die Kirchenwände früher


  1. Die Schlußsteine der Gewölbe enthalten in der Richtung von Westen nach Osten folgende Darstellungen und zwar im Mittelschiff: 1) Ecce homo,
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_109.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)