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so eilten ihm so viele Neckargartacher zu Hülfe, daß der Commandirende sich wieder zurückzog, weil er den Befehl hatte, Blutvergießen zu vermeiden. Nach dem Abzug der Soldaten plünderten die Bauern den Schulmeister Vogel und jagten ihn aus dem Dorfe.

Nachdem alle Versuche zum Frieden vergeblich waren und sogar noch den Trotz und die Unbotmäßigkeit der Bauern steigerten, so gab der Kaiser Befehl, sich der Rebellen mit gewaffneter Hand zu bemächtigen.

Diese suchten in Stuttgart vergebens Hülfe, mieden die Stadt Heilbronn und bestellten ihre Felder mit Flinten auf dem Rücken.

Ein zweiter Versuch in der Nacht des 2. Juni 1753, den Hagner in der Stille aufzuheben, schlug wieder fehl, weil er seine Schlafstube mit Tischen und Bänken in jeder Nacht verrammelt hatte. Nun sagte sich Hagner mit seinem Anhang von der Stadt los, zog die Einkünfte der Commune ein, vertrieb den Schäfer, weil dieser seine Schuld, wie früher, an die Stadt abtragen wollte, und mißhandelte die ruhig gebliebenen Einwohner von Neckargartach.

Die Stadt Heilbronn, um freiere Hand zu erhalten, zahlte 1754 25.000 fl. an Württemberg, daß dieses auf alle oberlehensherrliche Rechte über Neckargartach verzichtete.

Hagner belog die Bauern, die Stadt sei um diese Summe gestraft worden, stellte jedoch Tag und Nacht einen Theil seiner Anhänger unter die Waffen, und Vorposten aus.

Die Bauern, welche am Tage ihre Felder bestellten, und Tag und Nacht Wache stehen mußten, wurden aber nach und nach so erschöpft, daß 150 Mann Musketiere und einige Dragoner das Dorf in der Nacht des 9. Mai 1754 überrumpeln, die Rebellen im Schlafe überfallen und drei Rädelsführer nach Heilbronn abführen konnten.

Nun wurde die Untersuchung geführt, und am 27. Okt. 1758 das Urtheil des kaiserlichen Reichshofraths vom 17. August 1758 vollzogen. Schulmeister Hagner und sein Bruder Martin wurden vom Henker mit Ruthen gestrichen und lebenslänglich in das Zuchthaus verurtheilt, wo der Schulmeister starb; fünf andere kamen auf 2 Monate bis 2 Jahre in das Zuchthaus, und die übrigen erhielten geringere Strafen. Alle mit einander mußten die Kosten bezahlen, welche mehr als 6000 fl. betrugen.

Am 29. Mai 1755 huldigten die Neckargartacher dem Rath aufs Neue.

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Heinrich Titot: Beschreibung des Oberamts Heilbronn. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1865, Seite 321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeilbronn_321.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)