Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Durch Staatsaufwand erhielt Heilbronn bedeutende Häfen und einen Freihafen, dabei gute Krahnen und große Lagerhäuser, seit 1848 kam Heilbronn durch eine Eisenbahn mit den europäischen Eisenbahnstraßen in Verbindung, seit 1862 mit Hall, dazu kamen verbesserte Postanstalten und eine Telegraphenstation.

Erst dadurch konnten Fabriken und Manufakturen neu gegründet, die älteren vergrößert werden, und wenn auch der uralte Speditionshandel fast aufgehört hat, so hat der Handel Heilbronns mit Naturprodukten (Getreide, Brettern und anderem Nutzholz, Steinen, Gyps) und mit Fabrikaten eine bedeutende Größe erreicht, die er vordem nie gehabt hat.

Hiebei muß man es rühmen, daß seit der württembergischen Herrschaft die Unterrichtsanstalten in Heilbronn außerordentlich erweitert und vorzüglich geworden sind, wie denn auch Heilbronn derjenige Ort ist, in welchem zuerst in Deutschland die pestalozzische Lehrmethode (1808) versucht worden ist.

An manchfacher Bildung fehlte es den Heilbronnern auch im vorigen Jahrhundert nicht. Der Dichter C. F. D. Schubart, welcher ums Jahr 1770 Musikunterricht in Heilbronn gab, rühmte „die Kultur der Sitten,“ W. Göthe in seinen Briefen vom 28. Aug. und 11. Sept. 1797 sprach sich lobend aus, im Aug. 1793 weilte Fr. Schiller in Heilbronn, welches er nur bald wieder verließ, weil er keine Wohnung mit einem Garten finden konnte. Er war wegen seiner Kränklichkeit nach Heilbronn gekommen, um durch Dr. med. Eberhard Gmelin berathen zu werden, welcher, der erste unter den Ärzten, schon 1787 den thierischen Magnetismus als Heilmittel anzuwenden begann.

Die Musik wird in Heilbronn seit langer Zeit mehr als in vielen anderen Städten gleicher Größe gepflegt.

In den 1790r Jahren bis 1806 hatte man es hauptsächlich dem Frhrn. Ernst v. Gemmingen, welcher als Director des Ritterkantons Kraichgau hier wohnte, zu danken, daß viele Concerte unter Ammon hier gegeben wurden, wodurch die Heilbronner schon sehr frühe mit den Compositionen von Mozart, Haydn u. s. w. bekannt wurden, 1820 leitete Heinr. Kunze den Singkranz und seit 1857 besteht der Oratorien-Verein unter Musikdirektor Ernst Maschek. Aus weiter Ferne war das Musikfest im Jahr 1840 und das Liederfest des schwäbischen Sängerbundes im Jahr 1851 zu Heilbronn besucht. –

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Titot: Beschreibung des Oberamts Heilbronn. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1865, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeilbronn_241.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)