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Hauptgebäude ist 373′ lang, 54′ tief, und hat 2 Flügel. Neun Kessel mit einem 167′ hohen Kamin betreiben 6 Dampfmaschinen mit 99 Pferdekräften, welche 400.000 Centner Zuckerrüben verarbeiten können. In den 2 jüngsten Campagnen wurden verarbeitet:

1862/63 270.000 Ctr. Rüben, die Steuer betrug 118.432 fl.
1863/64 360.000 Ctr. Rüben, die Steuer betrug 157.500 fl.

und der gewonnene Zucker hatte einen Werth 1862/63 von 600.000 fl., 1863/64 von 6–700.000 fl.

Die erste Tabaksfabrik in Heilbronn wurde 1804 von Aug. Orth errichtet, jetzt bestehen 2 hier mit 100 Arbeitern (Tabak wurde zuerst in den Apotheken verkauft, es kostete im Jahr 1625 1 Loth 8 kr., 1638 indischer Tabak 8 kr., einheimischer 1 kr., 1648 1 Pfd. in Kramläden 221/2 kr.)

Die erste Schafwollenspinnerei wurde 1820 von J. Friedrich Maier errichtet, jetzt sind 2 hier, welche um den Lohn spinnen.

Lange schon gibt es Tuchmacher in Heilbronn, denn schon Kaiser Rudolf von Habsburg gab in einer Urkunde dd. Gmünd 1281 Bestimmungen über die Heilbronner Tücher (Jäger 1, 58. 76. 83).

Ebenso alt ist die durch die Eichenwälder am unteren Neckar begünstigte Lohgerberei. In einer Urkunde von 1343 wird eines „Lewers Ruf“ erwähnt (Jäger 1, 82) und das Heilbronner Sohlleder ist längst gesucht. Der im Jahr 1817 gestorbene Lederhändler Heinrich Müller führte um das Jahr 1790 eine verbesserte Gerberei aus den Niederlanden ein. Derzeit wird in 8 Rothgerbereien mit 50 Arbeitern Leder bereitet, auch guter Leim.

Schon seit 1794 werden hier Clavier-Instrumente verfertigt, derzeit in 4 Fabriken; Heinrich Schäfer baut gute Orgeln mit 10 bis 40 Registern.

Die Bereitung von Schaumweinen, welche in Württemberg von dem Heilbronner Georg Keßler eingeführt worden ist, hat in Heilbronn wieder aufgehört.

Das Bier war bei den Rathsherren der Reichsstadt Heilbronn nicht beliebt, im Jahr 1635 wurde es mit anderen Nahrungsmitteln, von denen man glaubte, sie veranlaßten das damalige große Sterben, verboten. Von 1729 bis 1753 durfte nur ein einziger Einwohner Bier brauen, von 1753 bis 1773 ward das Brauen abermals verboten, 1781 erschien eine Brauer-Ordnung. Erst nachdem im Winter 1788–89 fast alle Reben erfroren waren, und die einquartierten kaiserlichen Soldaten Bier verlangten, durfte noch eine zweite Brauerei errichtet werden. Die Württembergische Regierung

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Dr. Heinrich Titot: Beschreibung des Oberamts Heilbronn. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1865, Seite 093. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeilbronn_093.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)