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und durch seinen ausgedehnten Betrieb einen großen Theil der hiesigen Einwohner theils in, theils außer der Fabrik in Thätigkeit und Nahrung setzt. Diese Fabrik bezieht die rohe Wolle aus Württemberg, Bayern, Österreich, Ungarn und den italienischen Seehäfen, das Kammgarn aus Sachsen, das Baumwollengarn aus England, der Schweiz und Württemberg. Die Fabrikate (wollene und halbwollene Waaren, Flanelle, Bett- und Pferdedecken etc.) gehen in die südlichen Vereinsstaaten und in die Schweiz. In der Fabrik selbst arbeiten gegen 160, außerhalb für dieselbe gegen 40 Menschen. Spindeln sind 13-1400, Webstühle 50, Assortimente 6, nebst den erforderlichen Kratzmaschinen etc. in Thätigkeit. Der Betrieb geschieht durch Wasserkraft. 52 Weber mit 71 Stühlen beschäftigen sich wenig mit Leinweberei, sondern liefern Baumwollengewebe für Heidenheimer Fabriken, oder arbeiten als Wollenweber auf der hiesigen Fabrik; während eine Anzahl Weiber und Mädchen mit Wollereinigen etc. vortheilhaft beschäftigt ist. – Zwei Hafner treiben ihr Geschäft ungemein stark, und setzen ihre Waare bis in die Schweiz ab; den Thon beziehen sie aus der Zahnberger Grube und von Schnaitheim. Als Nebengewerbe kann das fleißige Sammeln von Erd- und Himbeeren genannt werden. Schildwirthschaften bestehen zwei, Bierbrauerei eine, und eine Mahlmühle, die sehr frequente Wangen- oder untere Mühle, eine kleine Viertelstunde unterhalb des Orts auf einer Insel der Brenz.

Bei der reichlichen Gelegenheit zum Verdienst, welchen die Fabrikgeschäfte, namentlich auch des nahen Heidenheim darbieten, haben die fleißigen hiesigen Einwohner ihr gutes Auskommen; sie sind aber in sittlicher Beziehung nicht ganz von den Gebrechen frei, welche dem Gewerbsleben so häufig sich zugesellen. Ein sehr werthvoller Bestandtheil des Gemeindevermögens sind die oben erwähnten Waldungen, aus welchen jeder Bürger jährlich 1 Klafter Brennholz und 50-100 Büschel Nutzung zieht. Außerdem hat jeder 1/4 M. Allmend zu genießen. Ein kostspieliger Kirchenbau nöthigt aber gegenwärtig die Gemeinde, jene Holznutzung mit 2 fl. jährlich zu belasten, und überdieß eine Umlage nach dem Steuerfuß zu erheben.[1] Alleiniger Zehentherr ist seit der Pfarrbesoldungs-Verwandlung der Staat. Gefälle aus, jetzt zerstückelten, Lehengütern ist die Gemeinde im Begriff abzulösen. Abgelöst sind in Folge Ges. vom J. 1836: jährl. Steuer, Hundsthaler etc. 7 fl. 19 kr., an Frohnen jährl. 15 fl.

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Heidenheim. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeidenheim_256.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Von der Mühle bezieht die Gemeinde jährlich 36 Simri Kernen und 36 Simri gemischte Frucht, wogegen sie derselben das nöthige Bau- und Werkholz zu liefern hat.