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Der Vermögensstand der Einwohner ist zum größeren Theile sehr mittelmäßig. Vielfältiger Verkehr mit Auswärtigen, den der Gewerbebetrieb und die frequente Staatsstraße herbeiführt, hat die Einwohner zum Theil der ländlichen Sitteneinfalt entfremdet, welche die benachbarten Alpgemeinden auszeichnet. Die Einnahmen der Gemeindekasse fließen (außer der Bürgersteuer) hauptsächlich nur aus der Schafweide und dem Pförch. An Nutzungen hat der Bürger nur ein Paar Krautbeete zu genießen. Von Stiftungen gehören hierher die Armenstiftungen mit 665 fl. Kapital und jährl. 20 Scheffel Dinkel und 6 Scheffel 4 Simri Roggen. Universalzehentherr ist der Staat. Noch ruhen mehrere Lasten, wie Hellerzinse, Ab-und Auffahrten etc. auf den Gebäuden und Gütern. Die Frohnen kamen zur Ablösung, und zwar dingliche im jährlichen Betrag zu 34 fl. 23 kr. persönliche 16 fl. 23 kr. Abgelöst wurden ferner Oster- und Herbststeuer, Pförchkäs etc. jährlich 25 fl. 17 kr. Aufgehoben aus dem Hirtenstab 5 fl. 34 kr.

1) Herbrechtingen, evangelisches Pfarrdorf (Marktflecken), mit ehemaligem Kloster, bis 1. Juli 1843 Sitz eines jetzt mit Heidenheim vereinigten königl. Kameralamts,[1] 2 geom. St. südlich von Heidenheim, an der Staatsstraße, welche sich 1/4 St. südlich von hier in die Alpstraße nach Ulm, und in die Brenzthalstraße nach Dillingen und Augsburg theilt. Vicinalstraßen führen nach Anhausen und Dettingen, nach Bernau und Oggenhausen und nach Giengen. Auf der West- und Nordseite ist der Ort von der Brenz umschlossen, über welche eine in der Unterhaltung des Straßenbaufonds stehende steinerne Brücke führt. Vier hölzerne Brücken unterhält die Gemeinde. Herbrechtingen hat eine angenehme und gesunde an gutem Quellwasser reiche Lage am Fuße des Schießberges. Die beinahe 1/4 Stunde lange und gerade Hauptstraße hat ein gutes Aussehen, wie denn überhaupt der Ort hinsichtlich seiner Bauart und Reinlichkeit zu den besseren des Landes gehört. Strohdächer sieht man nirgends mehr. In 204 Wohngebäuden leben 1576 Menschen, worunter 1 Katholik. Die Pfarrkirche, ehemalige Klosterkirche,[2] steht am südlichen Ende des Ortes. Da im Jahr 1835 ein Theil derselben einzustürzen drohte, so mußte der Dachstuhl abgehoben und ein Drittheil der Kirche eingerissen werden. Dadurch erhielt die Kirche eine ganz veränderte Gestalt; sie verlor die Wölbung und die Säulenreihen, und erhielt statt der alten gothischen eine Reihe moderner Fenster. Die Kirche ist nun hell, aber fast gar zu

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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Heidenheim. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeidenheim_216.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Der Förster des Reviers Herbrechtingen hat seinen Sitz in Giengen, s. u.
  2. Einer dortigen Kapellenstiftung durch die Ulmer Familie Ehinger gedenkt Crusius Annal. pars 2. lib. 12. S. 551.