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eigenes Gebiet hatte; die Ansprüche seiner Rechtsnachbarn gingen bis vor seine Thore. Ein Vergleich mit Herzog Ludwig vom 30. Jul. 1589 bestimmte, daß der Stadt die hohe malefitzische und niedergerichtliche Obrigkeit innerhalb der äußern Stadtthore eingestanden wurde, dagegen in dem Platz der Blaichen, dem Blaich- und Wildbad-Haus derselben nur die gemeine bürgerliche Frevel gehören sollten (Sattler, Herzoge 5, 119). Im Orte selbst hatte Württemberg einen Platz, auf welchem vormals das Pfarrhaus stund, mit der Jurisdiction, wahrscheinlich vom Kl. Herbrechtingen her (Magenau 85). Auch besaß es als Rechtsnachfolger dieses Klosters lange Zeit den Zehenden und Pfarrsatz, welche nebst einigen anderen Rechten im J. 1617 der Stadt um 38.000 fl. pfandschillingsweise eingeräumt wurden (Magenau 33).

Die Regierungsform der Reichsstadt Giengen war ganz demokratisch. Ihre neue Rathsordnung war vom J. 1650 (s. Jäger, Jurist. Magaz. 5, 371. Magenau 88). Der Schwörtag, an dem die Bürgerschaft huldigte, wurde alle drei Jahre gehalten. Der letzte war im J. 1775. Späterhin mußte statt dessen jeder junge Bürger den Freitag nach seiner Hochzeit den Huldigungseid leisten. Der Rath bestand aus drei Bürgermeistern, welche im Amte umwechselten, und beständig blieben, einem rechtsgelehrten Syndicus und sieben Senatoren. Die zwei älteren Bürgermeister und der Syndicus waren Stadtrechner, ein Bürgermeister und einer des Raths waren Hospitalpfleger. Die Sontheimer Pflege, welche ein Haus in der Stadt besaß, wurde von zwei Rathmitgliedern, genannt die Sontheimer Pfleger, besorgt. Zwei des Raths waren Kirchenpfleger, zwei des Raths Reich-Almosenpfleger und zwei Arm-Almosenpfleger. Waisensachen besorgten die jedesmaligen zwei Einunger. Das Untergangsgericht bestund aus zweien des Raths und aus zwei Bürgern. Mit diesen sämmtlichen Ämtern war nur ein sehr kleines Einkommen verbunden. (Nach Magenau S. 86). Die Finanzverwaltung war gut, auswärtige Schulden wurden keine contrahirt.

Giengen hatte ein für das Privatrecht wichtiges Stadtrecht; Auszüge aus seinen Satzungen gibt Jäger a. a. O. 362.

Auf dem Reichstage hatte Giengen unter den Reichsstädten der schwäbischen Bank die 31ste und bei dem schwäbischen Kreise, auf der Städtebank die 23ste Stelle. Ihr Reichsmatricularanschlag belief sich auf 60 fl., ihr Beitrag zu einem Kammerziele 33 Rthlr. 75 Kr., der Kreisanschlag war 34 fl.

Aus den einzelnen Schicksalen der Stadt, besonders in Kriegszeiten heben wir folgende aus: Im J. 1378, als die Reichsstädter durch den Sieg, welchen sie bei Reutlingen erfochten, trotziger

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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Heidenheim. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeidenheim_202.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)