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im Abnehmen als Zunehmen begriffen. – Die Gewerbe betreffend, so wird Weberei sehr lebhaft, und zwar auf 116 Stühlen betrieben, von welchen 56 auf eigene Rechnung arbeiten. Das Produkt, glatte Leinwand von mittelfeiner und feiner Qualität, wird auswärts, namentlich nach Bayern und Baden, verkauft. Die Lohnweber sind größtentheils mit Baumwollenweberei für Heidenheimer Fabriken beschäftigt. Sonst beschränkt sich der Gewerbebetrieb auf den gewöhnlichen örtlichen Bedarf. Schildwirthschaften sind drei, Bierbrauereien ebenfalls drei, Ziegelei eine vorhanden. Eine Ölmühle, die durch Pferde getrieben wird, hat ziemlich viel Beschäftigung. [1] Als Nebenerwerb ist das fleißige Sammeln von Erd- und Himbeeren zu erwähnen, welche von mehreren ärmeren Familien zum Verkauf nach Ulm gebracht werden. Im Ganzen ist der Wohlstand der Einwohner nur mittelmäßig zu nennen. Einzelne Bürger haben ansehnliche Bauerngüter, allein ihre Anzahl vermindert sich, da das Vertheilen der Güter immer mehr überhand nimmt. Thätigkeit und Sparsamkeit sind hervorstechende Eigenschaften der Bewohner. [2] Der Menschenschlag ist gesund und kräftig. Ein seit einiger Zeit bestehender Liederkranz wirkt vortheilhaft auf die Bildung der Jugend.

Das Gemeindevermögen von Gerstetten (Heuchstetten hat eine eigene Vermögensverwaltung) ist ansehnlich und macht Umlagen entbehrlich; es hat liegende Güter im Werth von 272.435 fl. Schafweide, Pförchgerechtigkeit und Hellerzinse im capitalisirten Betrag von 28.382 fl. 40 kr., zusammen 300.817 fl. 40 kr. Davon gehen 3400 fl. Schulden. Die bürgerlichen Nutzungen bestehen in 1/2 M. Gemeindereute, und in 1/2 M. Krautland für jeden Bürger, und für ungefähr 80 Bürger je in einem Klafter Holz sammt Reißig; für die übrigen besteht diese Reichung je in der Hälfte. [3] – Den Großzehnten bezieht der Staat, welcher in Folge der Besoldungsverwandlung der Pfarrei auch den Kleinen- und Heuzehnten übernommen und von 1843/60 um jährl. 854 fl. an die Gemeinde verpachtet hat. Die Gülten von den Hof- und Lehengütern (Erblehen) bezieht zum Theil der Staat, zum Theil das Hospital Geislingen und die

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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Heidenheim. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeidenheim_179.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Am westlichen Ende des Dorfes hatte der verstorbene Amtmann Lang eine Windmühle errichtet, die jedoch an mangelhafter Construktion und durch die auf dieser Alphöhe herrschenden heftigen Stürme litt, und 1822 wieder aufgegeben wurde.
  2. Gerstetten ist übrigens mit Sachsenhausen die Gemeinde des OA., wo uneheliche Geburten am häufigsten sind; 27 : 100.
  3. Über letzteres Verhältniß ist zur Zeit ein Rechtsstreit anhängig, der in zwei Instanzen dahin entschieden wurde, daß allen Activbürgern gleicher Anspruch auf die Holznutzung zustehe.