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Die Kirche und der Pfarrsitz mit dem Gottesacker befinden sich in dem schon einige Male erwähnten Stöckenburg, welches auf einem isolirten, auf allen Seiten steil sich erhebenden, südöstlich von der Bühler und nördlich von dem Ahlenbach beinahe ringsumgebenen, folglich eine Halbinsel bildenden, Berge liegt, und von Vellberg nur durch das hier sehr tiefe Bühlerthal getrennt ist. Das Reizende der schon erwähnten Lage wird durch die schroffen Berge, die engen felsigen, von Gewässern durchkreuzten Thäler, welche hier schweizerische Ansichten im Kleinen bilden, erhöht. Die gegenwärtige Kirche zum heil. Martin zeigt keine Spuren ihres hohen Alters und hat sichtbar mehrere Erweiterungen erhalten. Nur der gothische Chor ist alt. Sie enthält die leider durch Emporkirche und Orgel meist verdeckten Grabmale derer v. Vellberg, welche aber erst mit 1400 (Hans v. Felberc) beginnen und mit dem 23 Fuß hohen Monumente Conrads des Letzten (vergl. Gräter, Bragur V. 2. Abthl. S. 88) schließen. Aus einem Berichte von 1597 erhellt, daß diese Grabdenkmale damals in einer an die Kirche angebauten Capelle, der alten vellbergischen Gruftcapelle, sich befunden haben und also erst später in die Kirche versetzt wurden.

Am Eingang in den Chor ist neben einem schönen Architrav das Wappen der v. Vellberg mit der Weinbutte [1] und dem ausgebreiteten Flügel in Stein angebracht; der Hochaltar der Kirche hat schönes Schnitzwerk, den heiligen Martin vorstellend, wie er als Krieger seinen Mantel mit dem Schwerte spaltet und die eine Hälfte einem entblößten Armen mittheilt. Leider wurde dasselbe aus Anlaß der Reformationsfeier durch einen entstellenden Silberfarbanstrich verdorben. Auch hat der Chor sehr schöne Glasmalereien, wie es scheint aus der Geschichte derer v. Vellberg, von denen insbesondere Conrad (1342 und 1350) und Kraft (1348) der Kirche Schenkungen zufließen ließen. Der Thurm ist massiv und von solchem Umfange, daß man annehmen darf, er sey ein Überbleibsel der alten hienach zu erwähnenden Burg: Seine drei Glocken haben ein ausgezeichnet harmonisches Geläute. Die Baulast an der Kirche hat die vermögliche Heiligenpflege, am Pfarrhaus aber, wegen des Pfarrlehens, der Staat. Das Patronat steht der Krone zu. Zum Pfarrsprengel gehören noch Thalheim, Eschenau, Schneckenweiler, Steinehaig, Hilpert und Neuberg, letztere drei Oberamts Crailsheim.

Außer der Schule, welche schon 1545 bestand, ist in Vellberg


  1. Wolf v. Vellberg hatte Anna Tresch von Buttlar zur Gattin und eine Butte ist das Wappen der Buttlar. Der Architrav ist also etwa von 1540 bis 1550.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Hall. Verlag der J. G. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHall0300.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)