Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Kuchenhaus versammelt hatten, in der Dorfmühle abzuholen, in der Stadt unter Voranschreitung von Trommlern und Pfeifern herumzutragen, und ihn in der Gerichtsstube des sogenannten neuen Hauses dem versammelten Rathe zu präsentiren hatten. Dort erst hatte der sogenannte Älteste, d. h. der durchs Loos gewählte Siedersbursche, dem die Ehre des Tages zugefallen war, in einer wohlgesetzten Rede bei dem Rath um den Kuchen anzuhalten. Nachdem ihm dieser in einer vom Haalhauptmann gehaltenen Gegenrede geschenkt, und dafür vom Zweitältesten gedankt, sofort unter Pfeifen und Trommeln Gesundheiten getrunken worden waren, ging der Zug in das mit Maien verzierte Kuchenhaus, welches entweder ein, einem aus der Siederschaft gehöriges Privathaus, dessen Eigenthümer dieser Vorzug erst auf seine Bewerbung zuerkannt wurde, oder ein durchs Loos erkorener Gasthof seyn konnte. Dort wurde so lange gewartet, bis der Zug der „Hofjungfern“ in Stirnbinden, schwarzen Mutzen, rothen Röcken und weißen Schürzen am Kuchenhaus vorüber war, worauf ihnen die Kuchenholer in hellbraunen, bis an’s Knie reichenden Röcken mit silbernen Knöpfen, schwarzen Beinkleidern, grünen Strümpfen, schwarzen, mit Spitzen verbrämten Lederkappen, ein Flortuch um den Hals, und den Degen an grünem Bandelier, unter Trommeln, Pfeifen und Fahnenschwenken auf den Unterwörth nachzogen. Dort wurde nach der Trommel und einer, wenige Töne immer wiederholenden, Pfeife getanzt bis zur Thorglocke, hierauf in’s Kuchenhaus zurückgegangen, woselbst das Bankett, wobei der Kuchen vertheilt, und die jedem Siedersburschen zugefallene Portion von ihm seiner Hofjungfer verehrt wurde, seinen Anfang nahm und bis spät in die Nacht dauerte. Des andern Tags fand der sogenannte Brunnenzug statt, wobei die Kuchenholer in der oben beschriebenen Kleidung mit Ober- und Unter-Gewehr im Kuchenhaus erschienen und nach eingenommener Frühsuppe vor demselben in Reih und Glied aufgestellt wurden. Nachdem, Gewehr im Arm, ein Gebet verrichtet war, ging der Zug zum Marktbrunnen, woselbst gegen das Rathhaus eine Salve gegeben und die gewöhnlichen Gesundheiten getrunken wurden, sofort in die Gelbinger Gasse, wo bei dem am Gasthof zum Hirsch befindlichen Brunnen der Stadtschultheiß etc. postirt war, der abermals mit Salven und Toasten begrüßt, weiter an alle Hauptbrunnen unter denselben Ceremonien bis zum Salzbrunnen, endlich auf den Unterwörth zum Tanz, den keines der versammelten Frauenzimmer einem Sieder abschlagen durfte, und zuletzt wieder in’s Kuchenhaus zum Bankett. Letzteres wurde am dritten Tage in alltäglicher Kleidung wiederholt. Alle bei diesem Feste üblichen Ceremonien waren bis in’s

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Hall. Verlag der J. G. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHall0053.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)