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mit Inschrift von Schenk Christoph und seiner Gemahlin Maria 1564 erbaut wurde, so ist dasselbe ganz massiv, mit Mauern, welche bis zu 7′ stark sind. Das Hauptgebäude steht auf der Ostseite gegen den Kocher hinab; zwei Flügel schließen sich westlich an; der Flügel, welcher das Ganze schloß, wurde, um Licht und Luft zu gewinnen, gegen Ende des letztverflossenen Jahrhunderts abgebrochen. Die Thürme, Ringmauern, Gräben und Aufziehbrücken sind längst verschwunden und neueren Formen und Einrichtungen gewichen. Zwar beherrscht das Schloß, weil von den neben dem Kocher hinstreichenden Höhen weit überragt, keinen weiten Gesichtskreis; dagegen bildet die umherliegende Landschaft ein reizendes und manchfaltiges Gemälde, welches durch den am Fuß des Schloßberges unter vielfachen Krümmungen vorüberrauschenden Fluß sehr an Lebendigkeit gewinnt. In dem südlichen, wohl älteren Flügel, der auf der östlichen Seite mit einem Rondel besetzt ist und ein Thürmchen mit Uhr und 3 Glocken hat, ist die Wohnung des Revierförsters und die Industrieschule. Der mittlere Bau, welcher von Osten her 5, vom Hof aus 3 Stockwerke hat, enthält die Wohnung des Pfarrers und unter derselben die kleine aber sehr schöne katholische Kirche zum h. Michael. Sie wird von einer doppelten Reihe Säulen getragen, an welchen sich auf drei Seiten Galerieen hinziehen, und hat 3 Altäre. Das Altarblatt des Hauptaltars wurde in Würzburg gemalt und stellt den heil. Erzengel Michael dar. An der westlichen Seite steht das Grabdenkmal der hier ruhenden Fürstin Marie Friederike Sophie Charlotte von Hohenlohe-Bartenstein, welcher als Enkelin des Schenken Vollrath 1774 der Landesantheil Limpurg-Sontheim-Gröningen angefallen war. Sie nahm als Wittwe hier 1776 ihre Wohnung und richtete das Schloß bequem und modern ein, starb aber schon am 2. Mai 1777. Auch ruhen hier die Gebeine eines Jesuiten, des Paters Nicola Beausegard; derselbe, der Sage nach einst Beichtvater Ludwig’s XVI. von Frankreich, hatte hier eine Zufluchtstätte gefunden und starb am Abende des 27. Juli 1804, nachdem ihn Morgens beim Lesen der Messe der Schlag getroffen hatte. Ein Fonds für diese Kirche ist nicht vorhanden; der Pfarrer, welcher das Innere derselben erhält, empfängt vom Staat jährlich 70 fl. für die laufenden Ausgaben. Das Pfarr-Patronat hat die Krone. In demselben Flügel des Schlosses ist auch die 1779 errichtete katholische Schule untergebracht. Der linke, nördliche Flügel enthält die Wohnungen des katholischen Schulmeisters, des Schloßaufsehers und die ehemalige Hofküche. Der Hauptbau hat an der nordöstlichen Seite einen durch alle Stockwerke reichenden starken Riß, der in derselben Nacht entstand, als (1. Nov. 1755) Lissabon durch ein Erdbeben zerstört wurde. 1

Die evangelische Kirche, ein längliches Viereck von Stein mit

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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Gaildorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGaildorf_218.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)