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Anbau. Die landwirthschaftliche Cultur steht, nach einer Mittheilung des vorm. Ober-Rentamtmanns Grill, zwar etwas höher in dem Unterlande, wo der Grundbesitz mehr vertheilt und der Boden besser ist, jedoch im Allgemeinen noch auf einer sehr niedrigen Stufe, und zwar in diesem, wie im Welzheimer Oberamtsbezirke, hauptsächlich in Folge eines zu ausgedehnten Anbaues der Felder bei unzureichender Düngung. Was die Dünger-Produktion insbesondere betrifft, so wird sie geschmälert, nicht blos weil noch in den meisten Orten das Austreiben des Viehes zur Weide stattfindet, sondern auch weil der Dünger, der im Stalle fällt, dann die Jauche, sowie anderwärtige Dungmittel gar zu sehr vernachlässigt, zu wenig zusammengehalten, zu mangelhaft behandelt und angewendet werden. Hiezu gesellt sich der große Mißstand, daß wegen Futtermangels das Stroh verfüttert und an seiner Stelle das Nadelreis als Einstreu verwendet wird, das ebensowohl in Absicht auf seine Fähigkeit, die thierischen Excremente aufzufassen, als auch in Absicht auf seinen Gehalt an Pflanzennahrungsstoffen dem Stroh bei Weitem nachsteht, wenn es auch unter den dermaligen Verhältnissen und in der Voraussetzung, daß der vermittelst desselben produzirte Dünger wohl behandelt werde, als eine immerhin sehr werthvolle Gabe des Waldes an die Landwirthschaft zu betrachten ist. Denn unter jener Voraussetzung käme der Erfahrung gemäß das täglich für ein Stück Großvieh erforderliche Nadelreisstreu-Quantum von etwa 18 Pfd. in der Wirkung als Dünger 5 Pfd. Streustroh gleich, wonach (da das zur Einstreu hergerichtete, von den Ästen gesonderte Nadelreis zu dem noch mit den Ästen verbundenen, wie es im Walde abgegeben wird, durchschnittlich sich verhält = 3:5) der Werth einer Fuhr Nadelstreu zu 25 Ctrn. einschließlich des Fuhrlohns und der Kleinbereitungskosten sich gleich berechnet dem Werthe von 41/4 Ctr. Streustroh. Indessen sieht man gewöhnlich den Nadelstreudünger vom Schimmel durchzogen, und so gehen aus den aufgefaßten thierischen Excrementen weit mehr Stoffe der Pflanzenernährung verloren, als die Streu selbst durch ihre Verrottung liefert. Ohnehin geht der Nadelstreubezug und mit ihm jenes ordinäre Einstreuquantum schon dadurch immer mehr zusammen, daß die Bauernwaldungen mehr und mehr in die Hände des Staats und der Grundherrschaften übergehen, und daß an die Stelle der Fehmelwaldungen nun der Hochwald tritt. Während so auf allen Seiten sich einer genügenden Dünger-Produktion Hindernisse entgegenstellen, kann von einem tüchtigen Kraftzustande des Bodens im Allgemeinen um so weniger die Rede seyn, als der Einbau der Felder in der Regel nicht nach Maßgabe des vorhandenen Düngers beschränkt, dieser vielmehr auf die ganze zum Einbau disponible Fläche gestreckt wird, wiewohl 50 Morgen vollständig gedüngten Landes,

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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Gaildorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 051. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGaildorf_051.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)