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geräumigen Wohnung ist in den langen Winternächten ein Labsal für die Landleute, die hier ebenso leicht gekleidet sind, als in der Ernte auf dem Felde. Hier spinnen die Frauen, Töchter und Mägde bis gegen Mitternacht, während die Männer, Söhne und Knechte Garn abhaspeln, klopfen und spulen, in Holz arbeiten oder, nach vollbrachter harter Feldarbeit, auf der Ofenbank ruhen. Diesen Arbeiten leuchtet weder Talg- noch Öl-Licht, sondern ein brennender Holzspan von 3′ Länge, auf einem „Zünder“, der die Stelle eines Leuchters vertritt, schief aufgesteckt. Im Unterlande werden diese Späne mit einem Messer aus Forchenholz gespalten, im Oberlande mit einem Hobel aus Buchenholz gehobelt.

Die gewöhnlichen Nahrungsmittel sind Milch- und Mehl-Speisen, Sauerkraut und bis jüngst hauptsächlich Kartoffeln. Schweinefleisch ist das Beliebteste der Vermöglichern, die jährlich ein oder zwei Schweine, ein Rind oder eine Göltkuh in’s Haus schlachten. Gemüse trifft man fast in keiner Küche. An gewissen Tagen: an hohen Festen, am Johannistag, an der Kirchweihe, in der Fast-, Martins- und Knöpflens-Nacht kommt bei ihnen Schmalzbackwerk auf den Tisch. In manchen Orten aber ist die Nahrung bei der Mehrzahl der sogenannten geringen Leute höchst kärglich. In neueren Zeiten wird außer dem Hause Bier getrunken; Haustrunk ist aber leider fast einzig der Branntwein. Der Wein, welcher gewöhnlich aus dem Weinsberger Thal kommt, wird schlecht und theuer ausgeschenkt. Der Obstmost findet erst seit den jüngsten Obstjahren einigen Eingang.

Den Landmann kleidet fast ganz sein Schaf und sein selbsterzogener Flachs oder Hanf. Von der Wolle läßt er sich das sehr dichte „Haustuch“ weben und verbraucht dasselbe, theils weiß, theils gefärbt, zu Kleidern. Von Leinwand sind großentheils die Sommerkleider. Die Sonntagskleidung besteht in Wollentuch, das je nach den Gegenden verschieden gefärbt ist. Um das Ende des vorigen Jahrhunderts trugen sich die Männer im Unterlande gerne braun; im Oberland, in der Gegend um Gschwend schwarz, mit rothem Unterfutter und weißen Metallknöpfen, dazu ein rothes Brustgewand mit hellen Knöpfen und gelbe oder schwarze lederne Beinkleider, um die Knopflöcher und Taschen häufig grün oder roth ausgenäht. In der Gegend von Gröningen und Eschach war die Tracht bürgerlicher und die Farbe braun oder bräunlich. Das weibliche Geschlecht war meist schwarz gekleidet, zumal die Verehelichten; nur hatte das um Arme und Leib schließende Gewand im Oberlande keine Schösse, die über den Rock herabhängen, wie im Unterlande. Dazu trugen sie in der Gegend von Gschwend eine schwarze Krepphaube mit schwarzen Spitzen, Sontags aber eine seidene Haube. Hier trugen auch die Mädchen zum Putze hellfarbige tuchene Schnürbrüste und ebensolche Zeugröcke, die beide zuweilen mit silbernen oder unächten goldenen Borten besetzt sind. Flottirende Haarzöpfe mit langen, fast die Erde berührenden,

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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Gaildorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 037. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGaildorf_037.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)