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werden will. Vor etwa 120 Jahren wurde der Thurm um 40’ niedriger, die Kirche um 30’ länger gemacht. In jenem hängen noch die 3 Glocken; eine derselben, 16 – 20 Ctr. schwer, wurde 1492 gegossen. Die Baulast hat die Stiftungspflege. An der Wand neben der Kanzel sieht man die Spuren einer zugemauerten Thüre, durch welche nach der Sage Kaiser Friedrich I. von seiner Burg herab in die Kirche getreten seyn soll, wenn er oben Hof gehalten. Auf jener Stelle ist des Kaisers Bild, 1723 erstmals und 1814 von Carl Heideloff aus Stuttgart auf das Neue gemalt. Über seinem Haupte ist folgende Inschrift:

     „Hic transibat Caesar.
Der großmüthigst Kaiser wohl bekannt,
Fridericus Barbarossa genannt,
das demüthig edel deutsche Blut,
übt ganz und gar keinen Übermuth,
auf diesem Berg hat Hof gehalten,
wie vor und nach ihm die Alten;
zu Fuß in diese Kirch ist gangen,
ohn allen Pracht, ohn Stolz und Prangen,
durch diese Thür, wie ich bericht,
ist wahrlich wahr und kein Gedicht.
     Amor bonorum, terror malorum.

Übrigens gibt das Kirchlein jenes hohe Alter nicht zu erkennen, indem namentlich seine Bauart den ehemaligen katholischen Cultus nicht zugelassen haben würde. Die Sage dürfte sich daher auf eine ältere, zuvor hier gestandene, Kirche beziehen. Aber auch dann bleibt es auffallend, daß Crusius, der doch alle hiesige geschichtliche Merkwürdigkeiten genau prüfte und berichtete, der Kirche gar nicht gedenkt. – In der Nähe steht die neue Kirche. Weil nemlich jene zu klein war, so entschloß sich die Gemeinde zum Baue dieser; da aber ihre Mittel nicht zureichend sind, so bildete sich 1833 ein Verein, der sich zunächst die Erhaltung der alten Kirche zur Aufgabe machte. Durch freiwillige Beiträge in den Stand gesetzt, kaufte er dieselbe an sich, und mit diesen Mitteln baute nun die Gemeinde 1838/39 die neue Kirche nach einem Plane des verstorbenen Professors Heigelin. Sie hat nur eine kleine Emporkirche, worauf die neue, von Schäfer in Göppingen gebaute, Orgel steht. Dieses Gebäude ist übrigens nur von Fachwerk und kann, auf dieser Höhe, von keiner langen Dauer seyn. Das bei der alten Kirche sehr angenehm gelegene Pfarrhaus hat der Staat zu erhalten, welcher dasselbe 1826 fast ganz neu herstellen ließ.

Die Dorfbewohner zeichnen sich durch gesunden Verstand, Witz und Munterkeit, verbunden mit Gutmüthigkeit, Ehrliebe und Religiosität

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_227.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)