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Stein ausgehauen. Auch hängen in der Kirche noch die Wappenschilde der drei Eheherrn derselben. Der Boden ist mit figurirten Ziegelplatten gepflastert. Als kürzlich der Stiftungsrath einen großen Stein aufheben ließ, fanden sich darunter Spuren eines menschlichen Leichnams von ungewöhnlicher Größe, welcher nicht in einem Sarge, sondern in einem Leintuch, das mit einer dicken Schichte Kalk umgeben war, lag. Der neben der Kirche stehende Kirchthurm ist 1821 verändert worden, wodurch er leider seine byzantinischen Formen verloren hat. Die große Glocke trägt die Jahreszahl 1400. Die Baulast liegt dem Heiligen und, wegen dessen Unvermögenheit, der Gemeinde ob. Das nahe bei der Kirche stehende Pfarrhaus liegt angenehm und ist vom Staate zu unterhalten. — Die Badgebäude, welche mit den Gärten und Wegen einen Flächenraum von 123/4 M. 10 R. einnehmen, wurden an der Stelle der alten, 1824 zu bauen angefangen und in den nächstfolgenden Jahren vollendet. Außer einigen Nebengebäuden bestehen sie in dem neuen Hauptgebäude, in dessen drei Stockwerken ein schöner Saal, 58 Zimmer und 17 Badekabinete, wovon 3 zu Touche-, Regen-, Sturz- und Staub-Bädern eingerichtet sind, sich befinden; im alten Hauptgebäude, mit 2 Sälen, 48 Zimmern und einem Dampf-, Sturz- und Gas-Bad; und in dem Nebenflügel[1] mit 18 Zimmern und 8 Badecabineten. Mit dem Saal im Hauptgebäude ist ein auf eisernen Säulen ruhender Balkon in Verbindung gesetzt, der eine herrliche Aussicht auf die Alpgebirge darbietet. In dem schön angelegten Garten steht ein hübsches Kurhaus, und im Walde gegen Gruibingen ein Schweizerhaus. Ein seit 1625 eigens bestellter Badarzt hat die Verbindlichkeit, während der Badezeit hier zu übernachten, und der Ortsgeistliche hält (seit 1620) je am andern Sonntage während jener Zeit hier eine Predigt. Die natürliche Beschaffenheit des Bades, womit auch eine Molkenkuranstalt verbunden ist, ist oben S. 9 beschrieben, und Näheres über die Anstalt selbst und ihre Umgebungen findet sich in der dort S. 11 erwähnten Schrift von 1824. Wir bemerken nur noch, daß Herzog Friedrich I. im J. 1594 die Quelle fassen und mit einer Badanstalt erstmals versehen ließ, und daß, wegen der außerordentlichen Heilkraft, welche sie alsbald bewährte, das Bad lange unter dem Namen „Wunderbad“

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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_163.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Der sogenannte Gnadenbad-Bau. Schon die erste Badeordnung vom 8. Mai 1599, welche „einen sichern und steifen Burgfrieden“ zu halten anbefiehlt, schreibt nämlich vor, daß alljährlich 12 arme kranke Menschen aufgenommen und mit Bad und Speise auf Kosten der Herrschaft verpflegt werden sollen.