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Herrin von Stadt und Amt (oben S. 101),[1] ließ alsbald den katholischen Ritus herstellen. Am 3. Oktober 1636 wurde sowohl in diesem Amte, als in der Herrschaft Achalm die evangelischen Geistlichen abzuschaffen befohlen. Dem Special und den Diakonen ward von 1638 an keine Besoldung mehr verabfolgt, und als 1639 der Special Gerlach gestorben, blieb seine Stelle unbesetzt; die Jesuiten wurden den 16. Jan. 1639 neuen Styls in das Stift eingesetzt. Am 28. Jan. 1643 überfiel inzwischen der bayrische General Jean de Werth die Stadt und plünderte sie rein aus. Und nun begannen die denkwürdigen „Religionspressuren,“ welche, da sie bis jetzt unbekannt waren, hier eine kurze, aber getreue Schilderung finden mögen. Obgleich nämlich Stadt und Amt bei der Huldigung die Religion ausdrücklich reservirt hatten, und in einem Nebenreceß zu dem Prager Friedensschluß vom 30. Mai 1635 versprochen war, „daß es mit der Religion in den occupirten Orten des Herzogthums in allweg gehalten werden soll, wie es in anno 1627 gewesen,“ so wurde der Stadt doch selbst die Stadtkirche unter dem ganz nichtigen Vorwande vorenthalten, daß sie auf Grund und Boden des Stifts erbaut worden sey. In einem Memoriale vom 16. Merz 1644, das einige Bürger im Namen der Stadt der Erzherzogin zu Insbruck mit einem „demüthigen Fußfall“ überreichten, widerlegten sie jenes Vorgeben und baten um Wiedereröffnung dieser Kirche, damit nicht dem Bürger — sagen sie — „wann Einer nach der erst vorm Jahr erlittenen grausamen Ausplünderung noch dasjenige, was er die ganze Woche hindurch gleichsam mit den Nägeln erkratzen vnd den Soldaten zur Contribution reichen muß, auff den heiligen Sonntag oder sonsten, die Kirche versagt werde.“ Die abschlägige Antwort war von dem Befehle an die Amtleute begleitet: „daß auch die Patres Jesuiti, vnd zwar bei hoher Straf vnd Vngnad, den Kindertauf vnd die Eheeinsegnungen vor Hand nehmen sollten." Vergeblich war es, daß sich Herzog Eberhard III. von Württemberg für die Bedrängten bei dem Kaiser und den Churfürsten verwendete. Aber rührend ist auch die Ausdauer derselben und um so anerkennenswerther, als sie unter der Last und den Qualen der Kriegsvölker beinahe erlagen. Am 30. April 1644 fand es sich: „daß die Gefängnisse voller armer Burger, vmb willen sie ihre Kinder durch die Jesuiten zu taufen verweigert.“ Erst in der letztvergangenen Nacht sey man „den armen Leuten wieder in die Häuser gefallen, die Männer vom Boden vffgehebt, hinweggenommen, vnd in die

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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_141.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Dahin ist die Angabe in Sattlers histor. Beschr. von Württ. S. 135 nach den hier benützten Originalpapieren zu berichtigen.