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Kartoffeln u. dergl., so daß öfters ein junges Ehepaar ein ganzes Vierteljahr einzig und allein von den Morgengaben leben kann. Handwerker bringen Erzeugnisse ihres Gewerbes. Eine Stunde vor dem Kirchgange findet man sich zur Morgensuppe im Wirthshause ein, an welcher alle diejenigen Theil nehmen können, die Morgengaben gebracht haben. In der Regel beschränken sich jedoch die Besucher der Morgensuppe auf die Vetter, Basen, Nachbarn, näheren Freunde und jungen Leute. Voran die Musik, setzt sich der Brautzug, nach langem Geläute mit allen Glocken, zum Kirchgange in Bewegung. An der Spitze die weibliche Schuljugend sammt den Sonntagsschülerinnen und die übrige weibliche Jugend, dann geführt vom Brautführer die Braut, mit einer Krone von Zittergold geschmückt, unter welcher die Haare von allen Seiten zusammenlaufen. Auf die Braut folgen die beiden Wärter, beziehungsweise Pflegmütter und die übrige weibliche Einwohnerschaft. Den männlichen Zug eröffnen Knaben, Sonntagsschüler u. s. w. in derselben Ordnung wie bei den Frauenspersonen, die meisten, wenigstens alle Familienangehörigen, mit Bändern und Rosmarin geschmückt. Ihnen folgt der Bräutigam in der Mitte seiner zwei Gesellen, sämmtlich mit Bändern und Rosmarinstängeln geziert, und nach diesen bemerkt man beide Väter oder Pflegväter der Brautleute und die übrige Mannschaft des Orts. Die Musik begleitet den Zug bis zum Kirchhofthor. Durch Pistolenschüsse sucht man die Feierlichkeit noch zu erhöhen. Die Braut wird vom Brautführer unter ceremoniellen Verbeugungen vor den Altar und von da wieder weggeführt. Von der Kirche geht der Zug unmittelbar in das Wirthshaus zum Brauttanz, den der Brautführer mit ihr ausführt. Nach dem Brauttanz begiebt sich das Brautpaar zum Geistlichen, um die nöthigen Ermahnungen für die künftige Ehe einzuholen, und hierauf beginnt das Mittagessen. Von dem Hochzeittisch werden alle Kranke und auch alte Personen, die aus körperlichen Ursachen der Hochzeit nicht anwohnen können, gespeist. Nachmittags finden sich die fremden und Nachts die Ortsangehörigen bei der Hochzeitfeier ein. Jeder Gast wird von den Brautleuten und ihren Eltern persönlich bewillkommt und verabschiedet. Der Gäste sind es oft mehrere hunderte. Das Schenken ist ein eigener, feierlicher Akt des Tages. Es findet statt Nachts zwischen 10 und 11 Uhr. Einer der Gesellen, oder der Brautführer geht mit einem Teller von Gast zu Gast, von Tisch zu Tisch, und sammelt auf diese Art die nicht unbeträchtlichen Geldgeschenke ein. In seinem nächsten Gefolge ist das Brautpaar, um für die Schenke den Dank abzustatten. An diese schließen sich zwei Gespielinnen der Braut an, einen großen Korb mit Wecken tragend, aus welchem von der Braut jedem Schenkenden, nach dem Verhältniß

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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 040. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_040.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)