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welche zwischen dem rechten Lauter-Ufer und dem sogenannten Mühlbach liegt. In neuester Zeit sind auch Häuser-Reihen auf das linke Ufer gekommen. Die Reinlichkeit der Straßen wurde früher sehr vermißt, hat sich aber seit Kurzem verbessert. Die Brunnen liefern ziemlich gutes Quellwasser in befriedigender Menge. Bei seiner übrigens freundlichen Lage ist Wendlingen den Strömungen der Alpluft durch das Lauterthal, den Nebeln und Winden des Neckarthals, auch häufigen Gewittern, doch selten dem Hagelschlag ausgesetzt.

Die Pfarrkirche, welche die Jahreszahl 1448 trägt, steht hoch an der Nordseite des Orts, gewährt aber mit ihrem ziemlich niedrigen Sattelthurm einen keineswegs gefälligen Anblick. Sie ist sehr maßiv und ganz wie die übrigen Kirchen der Umgegend aus derselben Zeit, nur mit noch mehr Sparsamkeit und Unregelmäßigkeit der Fensteröffnungen, besonders an der Nordseite des Schiffs, gebaut. Da sie für das Bedürfniß der Gemeinde zu klein geworden ist, so steht eine Veränderung bevor. Sie enthält ein sehenswürdiges altes Gemälde, Christus und die zwölf Apostel, auf Goldgrund. Die Baulast wird von der Stiftungspflege (die ungefähr 450 fl. jährl. Einkünfte hat) unter Concurrenz der Gemeindekasse im Fall der Unzulänglichkeit, getragen. Die Pfarrei ist erst seit 1841 dem Decanat Eßlingen zugetheilt, und gehörte früher nach Kirchheim. Die Reformation erfolgte zwischen 1545 und 1558. Der Begräbnißplatz liegt auf der Höhe nordöstlich über dem Ort. Das Pfarrhaus, das der Staat (von der geistl. Verwaltung Kirchheim) im Bau zu erhalten hat, ist 1779 neu erbaut worden, es hat eine gute Lage und schöne Aussicht. Hier ist eine milde Stiftung des Freiherrn Christian Heinrich von Palm zu erwähnen, welche dieser unterm 31. Juli 1782 zu Gunsten der Wittwen und Waisen (unter 19 J.) hiesiger Pfarrer „wenn sie in officio absterben“ so wie der Wittwen und Waisen (unter 17 J.) hiesiger Schulmeister und der Schulmeister in Deizisau mit derselben Bedingung, gemacht hat. Das Stiftungscapital war anfänglich (dreimal 400 fl.) = 1200 fl., ist aber beim Rechnungsschluß 1842 auf 4644 fl. angewachsen gewesen; es wird unter Aufsicht des K. Oberamts und des Gemeinderaths in Wendlingen von einem Bürger letzteren Orts administrirt. – Die Schule hat drei Lehrer. Eine Industrieschule für Mädchen besteht in den Wintermonaten seit 1820. Ungeachtet die Gemeinde im Jahr 1807 ein neues Schulhaus gebaut hatte, entschloß sie sich doch, da dieses ungenügend befunden wurde, zur Erbauung eines neuen, das 1839 mit einem Aufwand von 10.871 fl. 16 kr. zu Stande kam. Es ist ein hübsches Gebäude, das nördlich von der Kirche, zum Theil auf dem ausgefüllten Stadtgraben, zum Theil noch auf dem alten Burgplatz (s. unten) steht. Das Rathhaus ist alt und sehr

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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_239.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)