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Die Einwohner standen früher wegen Hanges zur Unmäßigkeit und Mangels an Fleiß und sorgfältiger Benutzung ihres Bodens nicht im besten Credit. Um so erfreulicher ist die Wahrnehmung, daß in neueren Zeiten sowohl Sittlichkeit als Wohlstand bei der Mehrzahl sich merklich gehoben hat. Der Gemeinde kam die bedeutende Unterstützung des Staates in Herstellung des kläglich verwüsteten Neckarufers und später die unentgeltliche Überlassung des dadurch gewonnenen, nunmehr in einer schönen Weidenpflanzung bestehenden Areals, sowie der Ankauf eines Theils des vormaligen v. Gaisbergschen Rittergutes (s. unten) sehr zu Statten. Die Hauptnahrungsquellen sind Viehzucht, Ackerbau und Baumzucht. Die Ärmeren, welchen es an Grundeigenthum fehlt, arbeiten des Sommers als Maurer und Steinhauergesellen in Eßlingen und Stuttgart. Die Tracht der Einwohner, besonders die sonntägliche des weiblichen Geschlechts, ist gefälliger als die ihrer evangelischen Nachbarn gewöhnlich ist, und nähert sich dem Städtischen. – Die Markung hat im Ganzen fruchtbaren Boden; der Morgen erträgt durchschnittlich 6–9 Schffl. Dinkel; die Preise sind in Folge besserer Cultur gegen früher bedeutend gestiegen, und stehen jetzt zu 200–400–600 fl. p. Morgen. Auf vielen Gütern lastete die jetzt abgelöste Abgabe der vierten, ja dritten Garbe. In der Brach werden besonders Reps, Flachs, Hanf, auch Cichorien gebaut. Ein schöner Hopfengarten ist Eigenthum eines Auswärtigen. Die Wiesen sind ergiebig an vorzüglichem Futter (der M. liefert durchschnittlich 20 Ctnr. Heu), so daß jedes Jahr Heu nach Außen verkauft wird. Die Preise sind 250–400–625 fl. pr. Morgen. Die Gemeinde besitzt als Stiftung eines Glieds der Wernau’schen Familie (wahrscheinlich einer Anna von Wernau) eine Wiesenfläche von 128 M. welche gegenwärtig zu 1100 fl. verpachtet ist. Weinbau, der noch bis vor einigen Jahrzehenten in geringem Belang stattgefunden, hat jetzt ganz aufgehört. Große Fortschritte hat seit einiger Zeit die Obstzucht gemacht, für welche durch belehrende Beispiele ein ungemeiner Eifer angeregt worden ist. Alle Wege und alle öden Plätze sind mit Bäumen besetzt, und schlechte Sorten mit edleren vertauscht worden. Seit dem Frühling 1843 hat die Gemeinde eine eigene Baumschule, eine zweite ist in Privatbesitz. Holz hat die Gemeinde bei weitem nicht zureichend; sie sucht diesem Mangel theilweise durch Felbenpflanzungen abzuhelfen, aus welchen jedem Bürger jährlich 30–40 Weidenbüschel gereicht werden. Die Rindviehzucht wird mit Sorgfalt und um so einträglicher betrieben, als zwei Käsereien bestehen, an welche die Milch vortheilhaft verwerthet wird. Die Schafzucht hat zwar abgenommen, doch ist sie noch immer nicht ganz unbedeutend; die Waide wird im Nachsommer beschlagen;

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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_225.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)