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wo die zwei Bächlein, der Hangenbach und Rothbach sich vereinigen, mitten zwischen Waldthann und Lustenau.

Die wald- und wiesengrüne Umgebung, welche auf dem Vogelbuck eine Aussicht auf die Waldberge wie auf Baldern und Ipf gewährt, im Verein mit der ländlichen Stille und Abgeschiedenheit, sind für die Zwecke der Anstalt sehr günstig. Das Schloß ist ein dreistockiges Gebäude, von 4 Eckthürmen flankirt, mit hohen Wohnräumen und einem schönen Treppenhaus. Die Wappen auf der Ostseite des Schlosses (Knöringen-Buchholz) weisen darauf hin, daß das Schloß nach dem Brand auf dem Kreßberg von Johann Heinrich v. Knöringen vor seiner Verheiratung mit Mar. Fr. v. Welden gebaut worden, also nach 1648. Aber 1651 ist Heinr. v. Knöringen noch auf dem Kreßberg. Weniger wahrscheinlich ist, daß es schon von Hans Ludwig v. Knöringen und dessen Gattin Anna Christina v. Buchholz ca. 1618, also vor dem Beginn des dreißigjährigen Kriegs, gebaut worden ist. Im Schloß sind die Mädchen und ein Theil der Knaben der Rettungsanstalt untergebracht, dem Schloß gegenüber steht das Seminar mit einer kleinen Kapelle und die Ökonomiegebäude, nach Osten die 1874 neuerbaute Turnhalle und das Knabenhaus (erbaut 1879), hinter dem Hause ein prächtiger Garten, worin die alten Freiherren ein Gewächshaus, Springbrunnen und Alleen angelegt hatten. Neben der Anstalt außerhalb der alten Schloßmauer steht der selbständige Bauernhof des Tempelbauern. Daß der Tempelhof einst den Tempelherren angehörte und von denselben den Namen habe, ist blose Sage. Im Urbarbuch der Herrschaft Kreßberg von 1544 erscheint der Hof als Tempelhof, der Eigengut war und nicht in das Lehensdrittel gehörte. Das Kirchenbuch von Waldthann nennt 1636 Ad. Keeser, Bauern auf dem Dempelhof. (Dempel fränkisch = Tümpel?)

Das Gut war brandenburgisches Lehen. 1695 verkauft Joh. Heinrich v. Knöringen den Tempelhof an die Hofer v. Lobenstein auf Wildenstein, aber Karl Friedrich Hofer verkaufte das Schloß schon 1699 an Brandenburg, das es schon 1701 wieder an Joh. Franz v. Knöringen um 4000 fl. abgab, St.A. Der finanzielle Ruin der Familie brachte nach Phil. Antons Tod 1817 das Gut in fremde Hände. 1838/39 erwarb es die Krone Württemberg, das Schloß mit dem Garten war im traurigsten Zustand. 1843 wurde das Anwesen mit 10 Mrg. Land von einem Komite unter Leitung des Oberjustizrath Klett

(Fortsetzung S. 371.)
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Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Crailsheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1884, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OACrailsheim0369.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)