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1. Sitten und Gebräuche im Anschluß an das Kirchenjahr [1].


     A. Wochentage.

Dienstag und Freitag sind Glückstage, an denen die Brautleute einziehen, Dienstboten nach Lichtmeß „anstehen“ d. h. ihren Dienst antreten, gekauftes Vieh eingestellt, Jungvieh angewöhnt wird. Montag und Freitag gibt man keine Milch aus dem Hause, an gewöhnlichen Tagen auch nicht mehr nach „Betläuten“ und nie ohne drei Körnchen Salz darin.

Der Donnerstag ist ein Unglückstag. Am Freitag wird der Stall nicht ausgemistet. Samstag Nachmittags wird kein Dung geführt, überhaupt kein größeres landwirthschaftliches Geschäft begonnen, in Triensbach in Folge eines Gelübdes bei einer Viehseuche.


     B. Das Kirchenjahr.

Der erste Hinweis auf die kommende Festzeit ist der „Pelzmärte“ oder „Nußmärte“, der den Kindern heimlich Nüsse in die Stube wirft. Die Bauernjungfer erwartet von ihrem Geliebten einen „Märtisweck,“ einen großen Ring. „Der Märtisweck dingt ’s Neujahr an,“ d. h. an Neujahr macht sie ihr Gegengeschenk. Wer nach Martini noch schort, schort einen der Seinen hinein, d. h. es stirbt bald Jemand aus dem Hause.

An den Donnerstagen der Adventszeit wird angeklopft.

Am Thomasfeiertag Nachts 11–12 Uhr kann man seinen „Künftigen“ durch Bleigießen und Auskehren der Stube erfahren.

Mit Weihnachten beginnen die Nächte, die alte Julzeit. In Tiefenbach wird jeden Morgen 6 Uhr mit allen Glocken auf Grund einer alten Stiftung geläutet. Mist wird nicht geführt, kein Vieh geschlachtet, da sonst ein Stück fällt, auch die Stiefel nicht geschmiert, da sonst das Vieh Läuse bekommt oder Kröpfe sich zeigen, Haare und Nägel werden nicht geschnitten, keine Hülsenfrüchte gekocht. Die Witterung der 12 Nächte ist maßgebend für die Witterung der kommenden 12 Monate, der Gebrauch der 12 Zwiebelschüsselchen ist allgemein verbreitet. Wer in den 12 Nächten Nachts von 11–12 zum Fenster hinaussieht, aber die ganze Stunde ja nie zurück ins Zimmer sieht, der bekommt alle Leichen des folgenden Jahrs zu sehen, ebenso wer sich in dieser Zeit unter das Kirchthor stellt.

An Weihnachten wie überhaupt an den drei großen Festen soll man die Stube nicht kehren und zuerst in der Kirche sein. Am Weihnachtsabend gehen die Rollesel oder Christesel d. h. Jünglinge mit dem Rollengeschirr durchs Dorf.

Beim Feierabendläuten werden die Bäume mit Strohbündeln umbunden, daß sie tragen. Wer an Weihnachten siebenerlei Holz und ein paar neue Schuhe in die Kirche nimmt, kann die Hexen verkehrt in der Kirche sitzen sehen. Am Weihnachtsabend werden alle Besen aufrecht in eine Ecke gestellt. Am Morgen finden sich geknickte Reiser zum Zeichen, daß die Hexen sie benützt haben. Wer an Weihnachten zuerst tränkt, ist das ganze Jahr zuerst fertig.


  1. Reiche Beiträge diesem Abschnitt, wie zu den Sagen und der Mundart haben Kantor Abelein in Creglingen, Schullehrer Ostertag in Westgartshausen und andere Lehrer, sowie mehrere Geistliche geliefert.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Crailsheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1884, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OACrailsheim0110.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)