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Wiesenthal, neben dem Fluß kaum der Landstraße und der Bahn und kleinen Weilern und Höfen Raum gestattend. Steiler und kräftiger steigen rechts die bewaldeten Berghöhen auf, während zur Linken die Thalwände sanfter zum Flusse sich neigen. Von der Höhe des Bahnhofs Stimpfach werfen wir einen Blick auf das freundliche Dorf Stimpfach jenseits der Jagst mit seiner schönen Rokokokirche und seinem altersgrauen Kirchthurm, und dem dahinter sich öffnenden Thal des Reiglersbachs, das, im Herzen der Crailsheimer Hardt bei Mistlau beginnend, mit seinen saftigen Wiesengründen, einsamen Höfen, fleißigen Mühlen und friedlichen Weilern an oberschwäbische Landschaften erinnert und in seiner untern Hälfte zugleich die Grenze des alten Virgundawaldes bildet. Bald reiht sich der lange Bergrücken des Pfannenbergs mit seinen deutlichen Spuren großartiger Burganlage an, als wollte er heute noch das Thal und die nahe gelegenen Weiler Eichelberg, Kaihof und Alexandersreut, die Schöpfung des letzten Markgrafen, schirmen. Auf dem linken Ufer führt Bahn und Landstraße rasch über die sauberen und wohlhabenden Weiler Appensee und Steinbach und das nun sich weitende Jagstthal, das von Jagstheim an zur fruchtbaren, Acker- und Wiesenbau reichlich lohnenden Ebene wird, belebt durch die beiden muntern Bäche Speltach und Maulach. Freundliche Dorfschaften, auf dem linken Ufer das stattliche Jagstheim mit seinen hochgiebligen Scheunen und seinen großgehörnten Viehherden, dort Onolzheim mit schöner Kirche und das alterthümliche Altenmünster mit seinem schlanken spitzen Kirchthurm, auf dem rechten Ufer Ingersheim mit gewaltiger Mühle; dann wie in zwei alten Seebuchten geborgen, nur durch einen niedern Bergrücken geschieden, Westgartshausen und Goldbach, beherrscht von der sagenumwobenen Schönebürg, dem vielbesuchten Luginsland der Städter, die hier den Blick auf ihr hübsches Crailsheim, auf die mit Dörfern, Weilern und Höfen besäete Ebene und die fernen Bergzüge bei Hall, Waldenburg, Löwenstein bis zum Katzenbuckel genießen. Als eigentliche Grenzmarke zwischen Keuper und Muschelkalk, zwischen dem obern Jagstlauf im sanften Wiesengrund und dem nun beginnenden mittleren Jagstlauf mit seinen steilen engen Kalkwänden, steht Crailsheim – eine Seltenheit im Frankenland – die einzige Stadt im Bezirk. Mittelalter und Neuzeit reichen sich hier die Hand. Auf dem rechten Jagstufer in mäßiger Höhe über dem Jagstgrund liegt die vielthürmige, mit Mauern und Gräben größtentheils noch wohlbewehrte

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Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Crailsheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1884, Seite 035. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OACrailsheim0035.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)