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Menschenschlag und erreichen nicht selten ein hohes Alter; gegenwärtig zählen 6 Personen 80 Jahre und darüber. Sie sind von Charakter gutartig, ordnungsliebend, gefällig, kirchlich, gewandt im Verkehr und haben schon einige Ähnlichkeit, wie auch im Dialekt, mit den Pfälzern. Die Vermögensverhältnisse sind gut, indem ein vermöglicher Mittelstand vorherrscht; der begütertste Bürger besitzt 38 Morgen, der Mittelmann 18–20 und die minder bemittelte Klasse 5–6 Morgen Grundeigenthum. Auf angrenzenden Markungen haben die Ortsbürger etwa 60 Morgen Güter. Gemeindeunterstützung erhalten gegenwärtig 5–6 Personen.

Die Hauptnahrungsquellen der Einwohner sind Feldbau, Viehzucht und Weinbau; auch die minder Bemittelten haben viel Gelegenheit zu Verdienst, der ihnen ein gutes Auskommen sichert. Von den Gewerben sind die nöthigen Handwerker vertreten; auch bestehen 2 Schildwirthschaften, ein Kaufladen, 2 Kramläden und eine Mühle im Ort mit 2 Mahlgängen, einem Gerbgang und einer Hanfreibe (über die obere Mühle s. unten).

Die große wohlarrondirte Markung, die gegen Norden und Westen an das Großherzogthum Baden grenzt, hat mit Ausnahme des Heuchelbergs eine wellenförmige, von vielen mäßig eingefurchten Thälchen und Rinnen durchzogene Lage und einen fruchtbaren Boden, der theils aus Lehm, theils aus den Zersetzungen des unteren Keupermergels, auf dem Heuchelberg aber aus den leichtsandigen Zersetzungen des Keuperwerksteins besteht; in der Leinthalebene haben sich den Wiesenbau begünstigende Alluvionen abgelagert. Auf dem Heuchelberg ist ein Steinbruch angelegt, der sehr gute, weithin gesuchte Werk- und Bausteine liefert; Gips- und Mergelgruben bestehen 1/2 Stunde südöstlich vom Ort. Das Klima ist mild und Frühlingsfröste kommen gerade nicht häufig vor; Hagelschlag gehört zu den Seltenheiten.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung des Brabanterpflugs und der Walze gut betrieben; zur Besserung des Bodens benützt man außer den in zweckmäßig angelegten Düngerstätten fleißig gesammelten gewöhnlichen Düngungsmitteln den Gips und den Pferch. Zum Anbau kommen die gewöhnlichen Cerealien und von diesen vorzugsweise Dinkel und Haber, ferner Kartoffeln, ziemlich viel Futterkräuter (dreibl. Klee, Luzerne, Esparsette), Angersen, Ackerbohnen, Mais, Flachs, Hanf, Mohn und Cichorie; die beiden letzteren kommen zum Verkauf nach außen. Von den Getreidefrüchten können über den eigenen Bedarf jährlich etwa 2200 Scheffel Dinkel und 1500 Scheffel Haber verkauft werden. Der ausgedehnte Wiesenbau liefert reichlich gutes Futter und ermöglicht die Haltung eines namhaften Viehstandes. Der mit Klevnern und schwarzen Rißlingen sich beschäftigende Weinbau wird in mittlerer Ausdehnung in der gewöhnlichen Weise betrieben; auf den Morgen rechnet man 2800 Stöcke,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 422. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0422.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)