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Kein unverfelscht gelehrt und ghört
Zum ewigen Heil von Christi werdt.
Den Kirchenbaw samt die gemein
Laß dir Herr Gott bevohlen sein,
Verleih daß Sie nach Deinem Wort
Dich herzlich preisen hie und dort.

Und am Rande der Tafel umher steht:

Im Dausent Sechs Hundert Zwölften Jar
Der Kirchbaw verfertiget war,
Herr Gott geb daß er langwierig sey
Vor Straal und Feyers und Wassers nöten frey.

Im Jahre 1612 nämlich, während der Bau im Gange war, schlug der Blitz in den 130 F. hohen Thurm, wie man an einem Stein der Südseite noch liest:

Am Kirchweyh-abendt 16. May 1612 umb 4 uhr hat der stral dißen eckstein oben am helm heraus geschlagen. ErbarM DICh Vnser IesV. Die römischen Zahlen geben zusammen gezählt 1612. Der trefflich aufgemauerte mit alten tiefen spitzbogigen Scharten versehene Thurm hat im unteren, den Chor vertretenden Stockwerk ein kraftvolles frühgothisches Rippenkreuzgewölbe, das auf Konsolen ruht und in eine schöne Blattrosette zusammenstrahlt, und erinnert namentlich auch durch die so zierlich behandelten natürlichen Blätter des Schlußsteines an den Stil des Maulbronner Kapitelsaals, der zu Ende des dreizehnten Jahrhunderts erbaut wurde. Das weite, freundlich erneuerte Innere des Schiffes enthält eine steinerne Renaissancekanzel und auf steinernen jonischen Säulen ruhende Emporen; in den hübschen neugothischen Altartisch ist ein altes gothisches Veronikabild mit drei Engeln eingelassen, und über dem auch frühgothischen, sich eintreppenden Triumphbogen hängt ein großes sehr altes Krucifix (ohne Zweifel aus der Zeit der Erbauung ums Jahr 1299), höchst merkwürdig, mit vorne gebundenem Schamtuch, ein strenges ernstes und dabei sich eng an die Natur anschließendes Werk. Einer besonderen Beachtung werth ist auch die geräumige nördlich an den Thurm in schönem und lebhaftem spätgothischem Stil gebaute Sakristei; sie wird von drei schmalen Spitzbogenfenstern, deren Kleeblätter leider weggemeißelt wurden, erhellt und von einem Netzgewölbe überspannt, auf dessen fünf Schlußsteinen S. Veit, das Lamm Gottes, ein Bischof mit Buch und Schwert (S. Lambert) und zwei reiche Rosetten angebracht sind. Außen an der Ostseite steht in trefflicher Schrift:

Anno. domini. XVC.XV. Maister. hans. vunderer.

Dabei sein Meisterzeichen. Hans Wunderer muß ein sehr talentvoller

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 389. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0389.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)