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212 Ortsbeschreibung.


blinde Arcaden über den Fenstern und über den dazwischen liegenden leeren Räumen tragen. An einer der Nebenabsiden befindet sich ein spitzbogiger Eingang, über dem die Zahl 1576 eingehauen ist, die ohne Zweifel das Jahr angibt, in welchem diese Thüre eingebrochen wurde; zu dieser Zeit mögen auch die Rundbogenfenster der mittleren Absis in spitzbogige verwandelt worden seyn. Die Giebelseite des Mittelschiffs ragt über die Halbkuppeln der Absiden namhaft hervor und hat außer einem vertieften griechischen Kreuz in dem stumpfwinkligen Giebelfelde keine Verzierungen. An der vorderen, westlichen Giebelseite, wo in dem Giebelfelde das gleiche Kreuz angebracht ist, befindet sich der ursprüngliche Haupteingang, ein rundbogiges Portal, dessen Gewände sich in schmucklosen rechten Winkeln abstufen. An der südlichen Seite des Langhauses steht ein massiver Anbau mit zwei Stockwerken, von denen das untere mit einem rippenlosen Kreuzgewölbe bedeckt ist. Durch diese Vorhalle, die ehemals als Taufkapelle diente, gelangt man zu einem spitzbogigen in die Kirche führenden Eingang. Obgleich dieser Eingang einer spätern Periode angehört, so scheint doch, daß sich die hölzerne Thüre mit sehr schön gearbeitetem Broncebeschläg noch aus der romanischen Periode erhalten habe. Das obere Stockwerk mit flacher Decke hat an der Ostseite eine Nische. Der massive viereckige Thurm mit einem hohen sechsseitigen Zeltdache hat von unten heraus nur schußschartenartige Lichtöffnungen, in den obern Stockwerken aber rundbogige Fenster, welche theils zugemauert, theils verändert wurden. Er stand ursprünglich frei von der Kirche und sein 25′ über der Erdfläche angebrachter Eingang scheint von dieser aus entweder gar nicht, oder nur durch eine Brücke zugänglich gewesen zu seyn. Später wurde der Raum zwischen Kirche und Thurm ausgefüllt und beide sind nun durch einen gemauerten Gang in Verbindung gesetzt. Auf dem Thurme hängen 4 Glocken, von denen die größte folgende Inschrift hat: „anno domini 1450 Lucas. Marcus. Mateus. Johannes.“ Zwei weitere tragen ebenfalls die Namen der vier Evangelisten, jedoch ohne Jahreszahl, sie scheinen übrigens nach den Schriftzügen noch älter zu seyn, als erstere. Auf der vierten steht „Sindelfingen 1798.“[1]

Die Baulast der Kirche hat die Gemeinde und die Stiftungspflege je zur Hälfte zu tragen. An die westliche Ecke der Pfarrkirche ist das ehemalige Chorherrnstift, das später als Oberamteigebäude diente und gegenwärtig Sitz des Cameralamts ist, angebaut.


  1. Über die Kirche zu Sindelfingen s. auch v. Mauch Einladungsschrift der K. polyt. Schule in Stuttgart etc. (1849). S. 11.
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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen212.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)