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210 Ortsbeschreibung.


umgebenen Stadt, nebst eines Theils der südöstlich angrenzenden Vorstadt, ist eine gegen Südwesten geneigte, während der größere Theil der Vorstädte beinahe eben liegt. Ihre Anlage ist im Allgemeinen ziemlich unregelmäßig, namentlich die der innern Stadt, welche, mit Ausnahme der gerade durchführenden langen Straße, meist gekrümmte, theils breite, theils durch vorgebaute Häuser verengte, winklige Gassen hat. Dennoch hat sie mit ihren alten, soliden, beinahe durchgängig aus Eichenholz, nicht selten mit steinernem Unterstock erbauten Häusern etwas heimliches, eine ehemalige Wohlhäbigkeit verrathendes. Einzelne Gebäude sind wegen ihres schön gefügten, zum Theil mit Schnitzwerk und Inschriften gezierten Gebälkes sehenswerth. Auch die Vorstädte haben noch mehrere alte Gebäude; doch sind die meisten aus neuerer Zeit, indem hier in den letzten 20 Jahren über 100 Häuser gebaut und mehrere ganz neue Straßen angelegt wurden. Früher hatte die Altstadt zwei sogenannte Doppelthore, das obere und das untere Thor, von denen das letztere schon früher, das obere aber bei dem Abbruch der Stadtmauern abging; ein gleiches Schicksal hatte der Diebsthurm an der nordöstlichen Stadtmauerecke, auch dem untern Thurm steht der Abbruch bevor. Obgleich diese Veränderungen in mancher Beziehung nützlich und verschönernd seyn mögen, so läßt sich doch nicht in Abrede ziehen, daß hiedurch der Ort das eigentliche Gepräge einer alten Stadt verloren hat. Was die Ortsstraßen betrifft, so sind die Vorstädte gut macadamisirt und gekandelt, die der innern Stadt gepflastert, jedoch hier minder reinlich, weil man häufig wegen Mangels an Raum die Düngerstätten nicht von der Straße entfernen kann.

Am nördlichen Ende der Stadt steht die alte ehrwürdige Pfarrkirche, ehemalige Stiftskirche zum heiligen Martin. Sie wurde in den Jahren 1080–1083 im früh-romanischen Styl erbaut, der sich, obgleich in der Folge manches an dem Bau verändert wurde, doch noch ziemlich rein erhalten hat. Ihre Grundform ist die der ältesten Basilikenanlagen mit einem Mittelschiff und 2 Seitenschiffen, die sich im Osten mit 3 halbrunden Chornischen schließen. Ein eigentlicher Chorraum fehlt der Kirche, indem derselbe in das Mittelschiff verlegt ist; das ehemalige Daseyn einer Krypta unter demselben läßt sich deutlich erkennen, da nicht allein außen die jetzt zugemauerten Fenster derselben sichtbar sind, sondern auch an den beiden ersten Pfeilern die ehemalige Erhöhung des Chors noch zu bemerken ist. Die Seitenmauern des hohen, aber schmalen Mittelschiffs ruhen auf scharfkantigen Arcadenbögen, die von 14 viereckigen, an den Ecken durch Dreiviertelssäulen abgerundeten Pfeilern getragen werden. Zwischen diesen, mit Würfelknäufen


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen210.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)