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15. Schaffhausen. 199


gerade das Thal von Süden nach Norden zieht und die ziemlich hohen Thalwände den Schatten des Morgens lange und Abends bald wieder in das nur einige 100 Schritte breite Thal werfen, so sind die Morgen und Abende auch den Sommer über kühl. Frühlingsfröste sind gerade nicht häufig; die Ernte tritt um 8 bis 10 Tage später ein als in der Gegend um Stuttgart. Der Habsberg zwischen Dätzingen und Schaffhausen bildet eine Wetterscheide und leitet gefährliche Gewitter ab, so daß Hagelschlag seltener vorkommt. Der Boden ist überall, wo nicht der Muschelkalk zu nahe der Oberfläche liegt, fruchtbar und enthält Kalkerde und Humus. An manchen Stellen, namentlich auf der rechten Seite der Würm geht der Kalkfelsen häufig zu Tage und liefert eine sehr unwillkommene Fülle von Steinbrocken. Wegen dieser Verhältnisse verlangt der Boden bedeutende Winterfeuchte und überhaupt mehr Regen als das Unterland, was ihm übrigens auch zu Theil wird, da der nahe gelegene Schwarzwald, auf den bekanntlich die Niederschläge aus der Atmosphäre bedeutender sind, auch noch Regen und Schnee in diese Gegend sendet.

Die Einwohner halten auf äußere Zucht und Ordnung, sind sparsam, einfach und äußerst fleißig; schon den Kindern wird das Verlangen Etwas zu verdienen eingepflanzt. Altherkömmliche Gebräuche bei Hochzeiten u. s. w. sind noch üblich (s. d. allg. Theil), überhaupt hat die neue Sitte hier noch weniger Eingang gefunden als in einigen Nachbarorten. Ihr Vermögen ist ziemlich ungleich vertheilt, es gibt Wohlhabende und solche, die in mittelmäßigen Vermögensumständen sich befinden, während eine nicht unbedeutende Anzahl nur geringe, zum Theil noch verschuldete Güter besitzt und sich durch Taglohnen ihr Auskommen sichern muß, wozu das nahe gelegene Weil der Stadt, dessen ausgedehnte Landwirthschaft fremde Arbeiter erfordert, eine erwünschte Gelegenheit darbietet. Ackerbau, Viehzucht und Leineweberei bilden die Hauptnahrungsquellen. Die Güter liegen theils im Würmthal und an dessen Abhängen, theils auf der mit Mulden und Einschnitten durchzogenen Hochfläche und werden außer dem gewöhnlichen Dünger auch noch mit Jauche und Gyps verbessert. Wegen des steinigen Bodens haben die neueren Pflüge noch wenig Eingang gefunden. Im üblichen Dreifeldersystem baut man besonders Dinkel, weniger Hafer, Gerste, Roggen und Einkorn. In der zu 2/3 angebauten Brache werden Kartoffeln, Futterkräuter, Erbsen, Linsen, Angersen und etwas Reps gepflanzt. Brodfrüchte und Linsen, die wegen ihrer Schwere sehr gesucht sind, finden auf benachbarten Märkten Absatz. Auf den Morgen braucht man Aussaat an Dinkel 1 Scheffel, an Hafer 1/2 Scheffel, an Gerste 41/2 Simri und an


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen199.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)