Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
196 Ortsbeschreibung.


südlichen Ende des Orts und ist mit einem 181/2 Ruthen großen, ummauerten Begräbnißplatz umgeben. Ursprünglich war sie nur eine im romanischen (byzantinischen) Styl erbaute Capelle, an die, wie eine am Chor angebrachte Jahreszahl zeigt, im Jahre 1488 das Chor im germanischen (gothischen) Styl angebaut wurde. Das Chor mit hohen, spitzbogigen, gothisch gefüllten Fenstern ist höher als das Schiff und trägt auf seinen östlichen Giebeln ein Thürmchen (einen sogenannten Dachreiter), das ihm 1795 aufgesetzt wurde. Auf demselben hängen 2 Glocken, von denen die größere die Inschrift hat: „Christian Adam Kurz und Sohn in Reutlingen 1837.“ Die kleine hat keine Inschrift und scheint nach ihrer Form sehr alt zu seyn. Die Unterhaltung der Kirche steht der Gemeinde zu. Das gelb getünchte mit einem vorstehenden Schweizerdach versehene Schulhaus, in dem sich zugleich die Rathsstube und die Wohnung des Lehrers befinden, liegt ziemlich in der Mitte des Orts, es wurde im Jahre 1840 mit einem Aufwand von 4000 fl., an denen der Staat 400 fl. beitrug, erbaut und ist gegenwärtig in gutem Zustand. An der Schule unterrichtet nur 1 Lehrer. Neuweiler ist mit laufenden Brunnen, die sehr gesundes Wasser liefern, hinreichend versehen. Das Clima ist rauh, da die Nordwinde freien Zutritt haben, während gegen Süden sich das Terrain bedeutend erhebt und der warmen Luft das Eindringen nicht gestattet. Frühlingsfröste sind daher sehr häufig und die Ernte tritt um 8–10 Tage später ein als in dem nahe gelegenen Schönaich. Die Felder liegen meist eben und haben einen mit verwittertem Stubensandstein gemengten Lehmboden, der in geringer Tiefe den Sandsteinfelsen selbst zur Unterlage hat und deßhalb ziemlich unergiebig ist. Unter diesen ungünstigen Verhältnissen ist es erklärlich, warum die Einwohner trotz ihres Fleißes und ihrer eingezogenen Lebensweise, dennoch in den Vermögensumständen zurück sind. Die Hauptnahrungsquelle derselben besteht in Feldbau, den sie im üblichen Dreifeldersystem umsichtig betreiben. Man baut hauptsächlich Dinkel, Hafer und nur wenig Roggen. Der Morgen erfordert an Dinkel 1 Scheffel Aussaat und erträgt 5–6 Scheffel. In der Brache werden Kartoffeln, Kraut, Futterkräuter, namentlich Luzerne gebaut. Die Ackerpreise sind 50–100–300 fl. pr. Morgen. Die meist einmähdigen Wiesen können nicht bewässert werden und liefern einen geringen Ertrag; ihre Preise bewegen sich von 60–200 fl. pr. Morgen. Von geringer Bedeutung ist der Obstbau, da die felsige Unterlage des Bodens und die häufigen Frühlingsfröste demselben hemmend entgegen treten. Der Ertrag, bestehend in Mostobst und Zwetschgen, wird im Ort selbst verbraucht. Die Gemeinde erhielt im Jahre


Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen196.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)