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178 Ortsbeschreibung.


die alte Kirchhofmauer angebaut, steht von allen Seiten frei, das 1811 mit einem Gemeindeaufwande von 4000 fl. neu erbaute Schulhaus mit Lehrerwohnung. An der Schule unterrichten ein Schullehrer, 1 Unterlehrer und 1 Lehrgehilfe. Eine Industrie- und eine Kleinkinder-Schule bestehen auf Gemeindekosten. Das im Jahre 1833 mit einem Aufwand von 8000 fl. neu erbaute, stattliche Rathhaus liegt östlich der Kirche an der Hauptstraße; in ihm befindet sich zugleich 1 Schulzimmer und die Wohnung des Unterlehrers. Seit 4 Jahren besteht ein Gemeindebackhaus mit Obstdörre. Am südlichen Ende des Orts steht mit einem breiten Wassergraben umgeben das Schloß Kalteneck, dessen unteres massives Stockwerk mit Strebepfeilern noch von der ehemaligen festen Burg übrig geblieben ist. Die zwei weiteren Stockwerke sind leicht aus Holz gebaut und das Ganze in neuerer Zeit blaßgelb getüncht worden, was vollends alle Spuren von Alterthümlichkeit verwischte. Auch die ehemalige Zugbrücke mußte einer festen Brücke mit Geländer, die nun über den Wassergraben zu dem Schlosse führt, weichen. Nachdem das Schloß mit 12 Morgen Baumwiesen und einer Holzgerechtigkeit von 12 Klafter sammt Reisach, welche 1621 mit 38 Morgen Wald abgelöst wurde, in verschiedene Hände kam (s. unten) erkaufte es 1845 ein Bürger von Holzgerlingen. Die Güter wurden vertheilt und die dazu gehörigen Waldungen schon 1826 von der Gemeinde erworben. Der gegenwärtige Besitzer erbaute im Jahre 1849 jenseits des Wassergrabens eine Färberei, die er nun betreibt. Die Luft ist gesund und Trinkwasser in hinreichender Menge vorhanden. Am Rathhaus, nach der Sage unter der Kirche, entspringt mit einer starken, klaren, in einem dauerhaften Gewölbe gefaßten Quelle, die Aich, sie erhält bald mehrere Zuflüsse und treibt noch auf der Markung die obere, mittlere und untere Mühle. Die meisten Brunnen im Ort haben hartes Wasser, welches dem Vieh, besonders den Pferden, die es nicht gewöhnt sind, nachtheilig wird. Die Fuhrleute tränken daher ihre Pferde entweder gar nicht im Ort oder führen sie zum Schloßbrunnen, dessen vorzügliche Quelle in der Nähe des Schlosses entspringt. Die 1/4 Stunde nordwestlich vom Ort entspringende Ludlenbadquelle hat ebenfalls vortreffliches Wasser; hier stand früher ein Bad, das Ludlenbad genannt, von dem man vor 18 Jahren noch Grundreste aufdeckte. Das beste Wasser liefert ein, nur einige 100 Schritte südlich vom Ort liegender Brunnen, der sogenannte Häseltrog. Die fleißigen, sparsamen und religiös gesinnten Einwohner haben eine dauerhafte Gesundheit und erreichen trotz ihrer im Durchschnitt dürftigen Lebensweise häufig ein sehr hohes Alter. Ihre ökonomischen


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen178.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)