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7. Dätzingen. 145


die in den gegenwärtigen Anlagen vor dem gräflichen Schloß stand. Die Baulast, wie die Kultkosten, trägt der Staat.

Den früher im Schloßgarten gelegenen Begräbnißplatz ließ der verstorbene Deutschordenscommenthur von Flaxlanden auf seine Kosten an das südliche Ende des Orts verlegen. Derselbe ist mit einer Mauer umfriedigt, die der Staat zu unterhalten hat. Das 1814 auf Staatskosten erbaute Pfarrhaus liegt von allen Seiten frei, unweit der Kirche und befindet sich in gutem baulichen Zustande. Die Unterhaltung steht gleichfalls dem Staate zu. Das an der Hauptstraße mitten im Ort gelegene Schulhaus mit Rathsstube und Lehrerwohnung wurde 1819 auf Kosten der Gemeinde beinahe ganz neu erbaut. An der Schule unterrichtet ein Lehrer und ein Lehrgehilfe. Den Winter über besteht eine Industrieschule für die weibliche Schuljugend. Beinahe in der Mitte des Dorfs liegt das sehr ansehnliche gräflich von Dillen’sche Schloß; es ist in einfachem modernen Style erbaut und hat an der Vorderseite einen auf Säulen, welche Rundbögen verbinden, ruhenden Vorbau (bedeckten Balkon) in dessen Frontispice das Familienwappen der Grafen von Dillen in Stuckarbeit angebracht ist. Schöne, geschmackvolle Gartenanlagen umgeben das Schloß auf drei Seiten, während an der Rückseite ein großer Hofraum, in welchem die Öconomiegebäude und Wohnungen der Dienerschaft stehen, sich anlehnt. Vor dem Schloß ist ein kreisrundes Bassin mit Springbrunnen angebracht. Das Ganze ist mit einer hohen Mauer umfriedigt. An der westlichen Seite dieses Complexes führt eine schattige Lindenallee und scheidet denselben von dem eigentlichen Lustgarten. Dieser, auf der Ostseite zu Blumen- und Küchengarten benutzte ausgedehnte Raum, in welchem sich auch ein Treibhaus befindet, geht gegen Westen in einen kleinen Park über. Einige Pavillons, die durch vielfach gekrümmte Wege verbunden sind und zwei Seen, von denen der größere eine Insel umschließt, zieren diese einsame, stille Partie. An den westlichen Saum des aus den verschiedensten Holzarten bestehenden Lustwäldchens grenzt ein Baumgut und üppiger Wiesengrund.

Die Ortseinwohner sind im Durchschnitt hager, schlank, meist blaß und erfreuen sich einer dauerhaften Gesundheit. Epidemien kommen selten vor und gehen schnell vorüber; unter die häufigsten Krankheiten gehören: Entzündungen, Zehrfieber, Lungenschwindsucht, in höherem Alter aber Schlagflüsse und Wassersuchten. Leute von hohem Alter gibt es ziemlich viele. Die Tracht der Dätzinger ist mehr eine städtische, welche bei den Männern die dreieckigen Hüte, Lederhosen etc. und bei den Frauen die sogenannten Weil der Städter Häubchen beinahe ganz verdrängt hat.


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen145.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)