Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
5. Dagersheim. 137


Innenseiten Absätze, auf welche Holzböden gelegt werden konnten und erinnert lebhaft an einen sogenannten Mantel. Aus diesem geht hervor, daß derselbe früher in Verbindung mit dem ummauerten Kirchhof auch zum Schutze und zur Vertheidigung der Einwohner diente. Von den 3 Glocken, die auf dem Thurme hängen, wurde die größte umgegossen; sie trägt außer den Namen der damaligen geistlichen und weltlichen Vorstände die Inschrift: „1783 gegossen in Stuttgart von C. F. Blüher.“ Die mittlere Glocke hat die Umschrift: „zur Ehr Gottes leut ich Hans Miller in Eßlingen gos mich 1613.“ Auf der kleinsten steht: „gegossen von Heinrich Kurz in Stuttgart 1828.“ Nach einer im Innern der Kirche angebrachten Inschrift wurde dieselbe 1491 erbaut und 1827 renovirt; mit der Erbauungszahl stimmt die Bauweise der Kirche überein, der Thurm aber scheint weit älter zu seyn und ist ohne Zweifel noch von der früheren Kirche, die auf der Stelle der gegenwärtigen stand, übriggeblieben. Das Eigenthum und die Unterhaltung der Kirche steht dem Heiligen zu, der übrigens wegen Vermögenlosigkeit von der Gemeinde unterstützt werden muß. Der Begräbnißplatz lag früher um der Kirche, ist aber schon vor langer Zeit an das östliche Ende des Orts verlegt und 1831 namhaft erweitert worden. Das gut eingerichtete Pfarrhaus, welches von dem Staat und der Universität Tübingen gemeinschaftlich unterhalten werden muß, liegt gesund und angenehm an der Landstraße. Es wurde 1791 von der Universität Tübingen erbaut und gibt mit dem Öconomiegebäude und dem Garten, das freundliche Bild eines geschlossenen Pfarrhofes. Das Schulhaus mit Lehrerwohnung ist 1812 erbaut und 1833 vergrößert worden. An der Schule unterrichten 1 Lehrer und 1 Lehrgehilfe. Den Winter über besteht eine Industrieschule. An der steinernen Brücke, welche im Ort über die Schwippe führt, steht von allen Seiten frei, das 1803 erbaute, wohl erhaltene Rathhaus. Früher bestand ein Bad im Ort, das am östlichen Ende des Dorfs lag, wo ein Haus noch vor wenigen Jahren 43 kr. Badstubenzins jährlich bezahlte. Ein sogenanntes Fridolinspfründhaus zahlt jährlich 1 fl. 2 Hlr. und ein Frühmeßhaus 1 fl. 10 kr. 2 Hlr. an das Königl. Cameralamt. Die im Allgemeinen nicht unbemittelten Einwohner sind fleißig, sparsam und haben viel Sinn für Religion, der aber nicht selten in eine überspannte Stimmung ausartet. Ihre Hauptnahrungsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht; ersterer wird mit vieler Umsicht betrieben und steht auf einer blühenden Stufe, wozu die beinahe ebene Lage der Felder und der fruchtbare Boden, bestehend aus einem tiefgrundigen Diluviallehm, viel beitragen. – Der Brabanter Pflug findet immer mehr Eingang und als


Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen137.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)