Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

a) Das marktberechtigte Pfarrdorf Kaltenwesten liegt auf der Hochebene am Anfang einer Schlucht, welche in das nur 1/4 Stunde westlich vorbeiziehende Neckarthal einläuft, 924′ über der Meeresfläche. Der unregelmäßig angelegte, ziemlich unebene Ort, dessen Gebäude meist alt und unansehnlich sind, ist mit einer Mauer umgeben, an der 3 Thore sich befanden, welche erst in den letzten Jahrzehenden abgebrochen wurden. Im östlichen Theil des Orts liegt etwas erhöht die im Jahr 1844 nach einen von dem Oberbaurath v. Gaab entworfenen Plan massiv erbaute Pfarrkirche, zu deren Haupteingang steinerne, halbmondförmig angelegte Treppen führen. Die Kirche selbst, welche in einem mit romanischen und gothischen Formen gemengten Baustyl schön und entsprechend ausgeführt ist, hat hohe, rundbogige, in den Bogentheilen gothisch gefüllte Fenster und stumpfwinklige Giebel mit Rundbogenfriesen. Über dem an der Nordseite angebrachten Haupteingang wölbt sich ein Rundbogen mit hölzernen gothischen Füllungen und über demselben ein in Stein ausgeführtes Frontispice; an den beiden Seiten des Portals stehen halbe, mit Krabben und Giebelblumen verzierte Spitzsäulen. Innen ist die Kirche weiß getüncht und hat freundlich bemalte Emporen, welche von hölzernen Säulen, deren Kapitäle blau bemalt und mit Gold verziert sind, getragen werden; die bläulicht getünchte Kanzel ist mit vergoldeten gothischen Ornamenten ausgestattet. Die ebenfalls schön verzierte, übrigens etwas kleine Orgel wurde im J. 1847 von der Gemeinde um 1800 fl. angeschafft. Der massive, noch von der früheren Kirche herrührende Thurm, dessen unteres mit einem Kreuzgewölbe versehenes Stockwerk ehemals als Chor diente, ist viereckig und geht gegen oben in ein Achteck über, an welchem schön ausgeführte gothische Fenster sich befinden und über dem ein steinerner Kranz um den Thurm zieht. Über dem Kranz erhebt sich noch ein unbedeutendes, erst später aufgebautes, hölzernes Stockwerk, dem ein spitzes, mit Schiefer gedecktes Zeltdach aufgesetzt ist. Von den vier Glocken wurde eine im Jahr 1524 von Bernhard Lachmann in Eßlingen gegossen. Die übrigen, ebenfalls sehr alten haben theils weder Schrift noch Zeichen, theils eine nicht mehr zu entziffernde Umschrift. An der Ostseite des Thurmes ist etwa 20′ über der Erdfläche das Steinbild eines Bischofs, der in der rechten Hand den Hirtenstab und in der linken ein Buch hält, angebracht. Die Aussicht vom Thurme gehört zu den schönsten und ausgedehntesten des Bezirks; das Auge überblickt hier ein Panorama, welches von dem Stromberg, dem Heuchelberg, von den Bergen bei Heidelberg, von dem Odenwald, den Löwensteiner, den Mainhardter und den Welzheimer Bergen begrenzt ist; innerhalb dieser Rahme übersieht man das freundliche Neckarthal, das Zabergäu und einen großen Theil der zu beiden Seiten des

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0222.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)