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in den Bogentheilen schön gefüllten Fenstern und seinen Strebepfeilern eine besondere Zierde der Kirche bildet. Eine dritte Bauveränderung hat die auf der nördlichen Langseite des Schiffs noch vorhandenen spitzbogigen Fenster, eines ausgenommen, ihrer germanischen Füllungen gänzlich beraubt und noch mehr die Südseite des Langhauses, an der oblonge Fenster unsymmetrisch eingebrochen wurden, verunstaltet. Nur ein schön gehaltener spitzbogiger Eingang ist noch unangetastet geblieben; über demselben steht die Jahreszahl 1451, welche die Zeit der Erbauung der Kirche im germanischen Styl angibt. Der mit halbem Leibe in die Kirche hineinstehende, viereckige Thurm, welcher in seinen oberen Theilen theils verändert, theils in der dritten Periode erbaut wurde, trägt ein hohes, mit Schiefer gedecktes Zeltdach; auf ihm hängen drei Glocken, von denen die größte von Georg Peter Becker in Stuttgart 1769, die mittlere von Johann Georg Roth zu Heilbronn 1704 und die kleinste von C. G. Neubert in Ludwigsburg 1800 gegossen wurde. Das Innere der Kirche ist flach gedeckt und durch schlecht bemalte Emporen verdüstert; an der Wand gegen das Chor befinden sich noch mehrere Consolen mit Wappenschildern etc., die ehemalige Baldachine verrathen. Der alte, sechseckige Taufstein ist hohl, an dem Piedestal desselben sind sechs roh gearbeitete nackte Knaben (Brustbilder), von denen einer ein Kreuz, der andere einen Reichsapfel, der dritte einen Vogel und der vierte eine Art Kugel hält; von den übrigen faltet einer die Hände zum Gebet, der andere legt den Zeigefinger auf die Brust. Oben an den Ecken sind Köpfe von Bischöfen, Äbten u. s. w. angebracht, von denen zwei Kirchen neben sich haben; vorn befindet sich ein Wappenschild mit einer Scheere. Ein spitzbogiger Triumphbogen führt in das um vier Stufen erhöht gelegene, flach gedeckte Chor, in welchem noch alte, im germanischen Geschmack schön gehaltene Chorstühle stehen. Oben an der nördlichen Innenwand ist der Grabstein eines Ritters eingemauert. In der Sacristei, welche sich im untern Stockwerke des Thurms befindet, ist folgende Inschrift auf den zu Ilsfeld gebornen, in der Reformationsgeschichte von Württemberg rühmlich bekannt gewordenen Johannes Gayling, angebracht: „M. Johann Gayling Ilsfeldensis hatt damit, wie Lutherus dem Sachsenlandt also er in seinem Vatterlandt In An- undt Fortpflanzung des Evangelii beförderlich war, Anno 1523 angefangen zu predigen, ist aber damahl Röm. K. Regierung ins Exilium verjagt undt des damahls schon in Exilio lebenden Herzog Ulrich b. m. Prediger worden, doch folgendts seinem Vatterlandt durch Gottes Gnade im Evangelio an unterschiedlichen Orth als Weinsperg, Löwenstein, Baylstein undt Bottwar zu geschweiggen anderer Orthen außer dem Landt, dahin er sehnlichst vociert worden, wieder viele Jahre gedient, bis er zu gedachtem großen Bottwar 1559 selig gestorben.“

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0212.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)