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1846 waren Luftröhren- und Lungen-Entzündungen häufig; an jenen starben 22 Kinder, an diesen 48 Personen. Außerdem waren in dem heißen Sommer Gichter bei Kindern, Nervenfieber, Stick- und Schlagfluß bei älteren Personen häufig. An Gichtern starben 130 Kinder, an Schwindsucht 54, am Stick- und Schlagfluß 33 Personen; am Nervenfieber in Lauffen allein 32. Epidemisch war der Typhus in Gemmrigheim und Groß-Ingersheim; gastrisch-nervöse Fieber dauerten bis zum Herbst, und in Besigheim kamen bis zum Dec. allein 193 Nervenfieber zur Anzeige. Vom Jan. bis März 1847 herrschten Katarrhe und Grippe, vom April an gastrisch-katarrhalische Krankheiten, dann brachen die Masern in Ilsfeld, Hofen, Hohenstein und Bönnigheim epidemisch aus, welchen entzündliche katarrhalische Fieber folgten. Hierauf erschienen die Masern im Juli in Freudenthal, im September in Wahlheim, im Oktober in Kirchheim und Klein-Ingersheim; in ihrem Gefolge waren Luftröhren-Entzündungen und vereinzelte Pockenfälle. Die Jahre 1848, 49 und 50 zeigten theils katarrhalisch-rheumatische, theils entzündliche und nervöse Krankheiten. Vom April bis Juli 1849 herrschten Masern und Keuchhusten epidemisch, vom Juli bis September Brechruhr und Keuchhusten, sodann die Masern. Die Pocken nahmen fast allgemein überhand und von 128 Kranken starben 22. Am meisten Kranke hatte Bietigheim (35) und Ilsfeld (18), weniger Kaltenwesten (13), Erligheim (12) und Bönnigheim (8). 1850 begann hitziges Gliederweh und Flußfieber den Reigen, woran sich von April bis Juli katarrhalisch-gastrische Krankheiten und Parotiden-Entzündungen der Kinder anreihten. Das Jahr 1851 zeichnete sich durch häufigen Krampfhusten und Wassersuchten aus.

Bei allen diesen Krankheiten zeigt sich der Einfluß anstrengender Beschäftigung im Freien und der herrschenden Witterungsverhältnisse auffallend, wogegen Syphilis und Geistesstörungen sehr selten sind.

Als endemische Krankheiten können Skropheln und Kropf bezeichnet werden. Letzterer, nicht selten von kretinischer Entartung begleitet, ist besonders häufig in Bietigheim, seltener in Lauffen, am seltensten in der Oberamtsstadt. Von kretinischen Subjekten hat Dr. Rösch bei 34 Familien 36 Individuen in Bietigheim allein beobachtet, worunter jedoch nur 2 eigentliche Kretinen. Im ganzen Bezirk sollen sich nach den amtlichen Berichten an 54 befunden haben. Da nach derselben Angabe im ganzen Neckarkreis auf 269 Einwohner 1 kretinisches Individuum kommt, so stellt sich das Verhältniß bei der dermaligen Bevölkerung von 29.261 Einwohnern = 0,180 Prozent heraus, was immerhin ein günstiges genannt werden kann. Überdieß ist das Übel sichtlich im Abnehmen begriffen.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0038.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)