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Vorliebe mit mathematischen Studien und mechanischen Arbeiten beschäftigte und schon damals im Verein mit dem Schulmeister


    welche von meinem vorigen Wohnort, der im Unterlande in einer milderen Gegend lag, ganz verschieden war; da die Menschen andere Kleidung, Aussprache und Gewohnheiten hatten; da ich neue Gattungen von Bäumen, Pflanzen und Blumen sah; da ein Bergrücken, wo sich die tiefe niedrige Gegend von der höhern schied, eine Viertelstunde lang gespalten und an einer ebenen Gegend eine tiefe unterirdische Höhle war, in die man eine Viertelstunde weit gehen konnte; da ein starker Bach zu gewissen Zeiten aus einer Wiesenebene schnell hervorquoll und zu andern Zeiten wieder ganz aufhörte – dies alles, nebst der reineren Luft, die man in dieser höheren Gegend athmete, erquickte mich öfters… Der alte Schulmeister Schaudt in O. hatte einen Enkel, der ein zu allen Künsten begieriger und fähiger Kopf war; mit diesem hatte ich manche vergnügte Stunde, indem wir mit einander allerhand Gattungen von Sonnenuhren machten, wozu ich bisher noch immer den Nachmittag anwandte. Wir betrachteten Nachts die Sterne und lernten sie nach der Sternkarte kennen: denn ich hatte selbst noch im Unterlande ein paar gezeichnet und zur Auflösung verschiedener Aufgaben eingerichtet. Wir malten, lackirten und machten auch Stern- und Monduhren. In meiner Nachbarschaft war ein Pfarrer Namens Simon, ein Mathematiker, welcher Wolfs Elementa Matheseos besaß. Ich entlehnte sie, band mir selbst ein Buch von weißem Papier ein, malte das Bildniß Wolfs mit Tusch ab, machte einen Auszug aus den Elementis arithmeticae, geometriae und analyseos und auch aus den deutschen Anfangsgründen, aus der Optik, Katoptrik, Perspektiv, Dioptrik und Astronomie, weil ich nicht im Stande war, solche Bücher zu kaufen… Als ich einstmals in den Ferien zu Hause war, schrieb der damalige Oberamtmann in Balingen an mich und fragte an, ob ich nicht an ihren Kirchthurm eine Sonnenuhr zeichnen wollte. Ich nahm den Antrag an und fertigte solche in einem Hängegerüst, durch Hilfe der mir untergebenen Handlanger aus. Als es aufs Bezahlen ankam, wollte ich mit Wenigem vorlieb nehmen; aber auch da sorgte Gott für mich, daß mir 30 fl. dafür ausbezahlt wurden. So reich war ich noch nie. Über eine andere Vakanz vikarirte ich eine Zeit lang bei einem benachbarten Pfarrer in Pfeffingen, welcher drei Filiale hatte. Da die Uhren so ungleich gingen, wenn er in diesen Orten zur Predigt ankam, so ließ er mich an jedem Orte eine einfache Sonnenuhr an die Kirche zeichnen, für deren jede er mir einen Gulden gab, so daß ich damals reich nach Tübingen zurückkam… In den Ferien hielt ich mich zu Hause auf und legte mich in dieser Zeit in Gemeinschaft des Provisors Schaudt, dessen ich oben schon gedachte, aufs Glasschleifen und machte mit vieler Mühe, weil ich alles selbst suchen und lernen mußte, einige Fernröhre und Mikroskope… Nun war ich in meinem zwanzigsten Jahre Magister und glaubte mehr Gelehrsamkeit zu besitzen als vorher. Zwei Monate hierauf versuchte ich meine erste Predigt in Onstmettingen, am Thomastage. Sie gelang nach vieler Vorbereitung und Angst, so daß ich Beifall von den Zuhörern hatte. Die ledigen Söhne im Ort sandten eine Deputation an

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Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 463. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0463.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)